Ein französisches Start-up-Unternehmen hat vielversprechende Versuche mit einem neuen Bio-Pflanzenschutz durchgeführt. Der auf Mikroalgen basierende Wirkstoff soll bei Tests eine fast so hohe Wirksamkeit gegen den Falschen Mehltau aufweisen wie die «Bordeaux-Brühe».
Blogartikel von Olivier Geissbühler
Seit über 100 Jahren wird im Weinbau auf Kupfer als biologisches Fungizid gesetzt, hauptsächlich gegen den Falschen Mehltau. Und obwohl die Mengen vielerorts in den letzten Jahren drastisch reduziert wurden, ist Kupfer vor allem für biologisch arbeitende Weingüter immer noch ein notwendiges Übel. Insbesondere bei krankheitsanfälligen, europäischen Traubensorten.
Die Kupfer-Ionen wirken in den Pilzsporen als Enzymgifte und verhindern deren Keimung. Und obwohl Kupfer als Spurenelement in geringen Mengen für Mensch, Tier und Pflanzen lebensnotwendig ist, können grössere Mengen schädlich für das Ökosystem Weinberg sein. Bei einer zu hohen Konzentration reichern sich die Stoffe im Boden an und wirken für viele Mikroorganismen und Pflanzen toxisch. Viele engagierte Bio-Winzer möchten deshalb so weit es geht auf Kupfer verzichten.
Seit Jahren suchen Winzerinnen, Winzer und Forschende deshalb nach einer biologischen Alternative im Kampf gegen den Mehltaupilz, doch bisher mit wenig Erfolg. Dies könnte sich nun ändern: Ein neues Mittel des französischen Start-ups Immunrise Biocontrol zeigt in ersten Versuchen eine gute Wirkung gegen Mehltau-Infektionen an den Reben. Gemäss Angaben des Unternehmens ist die Wirksamkeit fast so hoch wie bei der Behandlung mit Kupfer.
Mit Mikroalgen gegen den Mehltaupilz
«Wir wollen nicht zu früh den Sieg feiern, aber wir sind auf dem richtigen Weg», wird Laurent de Crasto, Mitgründer und CEO von ImmunRise Biocontrol France in einem Artikel auf Vitisphere.com zitiert. Das 2016 in Cestas (Gironde) gegründete Start-up hat ein Molekül isoliert und patentiert, das aus der Mikroalge Amphidinium carteræ stammt. Dieses sogenannte Amphidinol zerstört die Zellmembranen des Falschen Mehltaus durch osmotischen Druck.
Trotz seiner natürlichen Wirksamkeit sei die Substanz zunächst schwer stabilisierbar gewesen, da sie unter Feldbedingungen (Licht, Sauerstoff, Temperatur) schnell abbaubar gewesen war. Im März 2024 entwickelte ImmunRise jedoch eine neue Formulierung, die eine stabilere Lagerung ermöglicht. Anstelle eines Gefrierschranks soll nun ein Kühlschrank ausreichen. Das neue Produkt habe zudem eine vorbeugende Wirkung, die je nach Regen 3 bis 7 Tage nach der Anwendung anhalte. Diese Formulierung wurde nun in wissenschaftlichen Tests sowie unter realen Bedingungen in Bordeaux getestet.
Marktreife wohl nicht vor 2029
Bevor das Produkt jedoch für alle Winzerinnen und Winzer verfügbar ist, müssen noch weitere Tests durchgeführt werden, teilt das Unternehmen mit. Aufgrund laufender Zulassungsverfahren wird die Markteinführung nicht vor dem Jahr 2029 erwartet. Ob das Mittel wirklich so wirksam ist wie angekündigt, wird die Zukunft zeigen. In den letzten Jahrzehnten wurden immer wieder vielversprechende neue Produkte angekündigt. Diese haben sich in der Praxis jedoch selten bewährt.
Falls das Produkt hält, was es verspricht, könnte es ein echter Gamechanger für den biologischen Pflanzenschutz im Weinbau werden. Die Abhängigkeit von Kupfer ist vielen Bio-Winzern ein Dorn im Auge. Mit einem neuen natürlichen und effizienten Mittel könnten nur noch wenige Anwendungen mit Kupfer (z.B. während der Blüte) nötig sein. In Kombination mit robusten Rebsorten wäre ein ökologischer Weinbau mit sehr geringem Kupfereinsatz möglich.
Sollte der Kupfereinsatz im Weinbau reduziert werden? Schreibe deine Meinung in die Kommentare!