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Bio-Pestizide sind weniger toxisch, aber…

Blogbeitrag von Olivier Geissbühler

GLOBAL 2000, ein österreichisches Umweltforschungsinstitut, hat eine neue Studie zum Thema Pestizide publiziert. In der Publikation haben die Forscher 256 Pflanzenschutzmittel der konventionellen Landwirtschaft mit 134 Pflanzenschutzmitteln, die auch in der Biolandwirtschaft erlaubt sind, verglichen. Untersucht wurden die Wirkstoffe hinsichtlich ihrer Gefahrenpotentiale und Risiken sowie der Häufigkeit ihrer Verwendung. Die toxikologische Bewertung wurde im Wissenschaftsjournal „Toxics“ veröffentlicht.

Die Ergebnisse sind eindeutig und widerlegen das häufige Argument der Agrarlobby, dass Bio-Spritzmittel bei intensiver Anwendung genau so schädlich seien: Von den 256 konventionellen, meist synthetischen Pestiziden wird bei 55 Prozent auf Gesundheits- oder Umweltgefahren hingewiesen. Bei den 134 natürlichen Bio-Wirkstoffen sind es lediglich 3 Prozent. Dazu gehören die beiden natürlichen Insektizide Pyrethrine und Spinosad, Schwefel und Wasserstoffperoxid. Sie können bei Einnahme, Einatmen oder beim Kontakt mit der Haut gesundheitsgefährdend sein und sind bei hoher Konzentration umweltschädlich. Warnungen über mögliche Schäden für das ungeborene Kind, Verdacht auf krebsfördernde Wirkung oder akute tödliche Wirkungen gibt es bei 16 Prozent der konventionellen Pestizide, aber in keinem Pflanzenschutzmittel mit Bio-Zulassung.

Bio-Pestizide sind natürlichen Ursprungs

„Die Unterschiede, die wir festgestellt haben, sind ebenso signifikant wie wenig überraschend, wenn man die Herkunft der jeweiligen Pestizidwirkstoffe genauer betrachtet“, sagt Helmut Burtscher-Schaden. Er ist Biochemiker bei GLOBAL 2000 und Erstautor der Studie. Rund 90 Prozent der konventionellen Pestizide seien chemisch-synthetischen Ursprungs. Der Grossteil der natürlichen Bio-Wirkstoffe hingegen seien gar nicht Stoffe im eigentlichen Sinn, sondern lebende Mikroorganismen.

56 Prozent der Pflanzenschutzmittel bestehen aus Mikroorganismen wie Bakterien, Viren oder Pilze. 32,1 Prozent sind natürlichen organischen Ursprungs (z. B. ätherische Öle und andere Pflanzenextrakte mit fungizider, insektizider oder abschreckender Wirkung sowie Stoffe tierischen Ursprungs wie Schafsfett). Die restlichen 11,9 Prozent sind natürlichen, anorganischen Ursprungs (z. B. Mineralien, Salze und elementare Stoffe auf der Basis von Kupfer, Schwefel, Eisen, Silizium, Phosphor, Natrium und Kalium).

Für weitere Reduktion von schädlichem Kupfer- und Schwefeleinsatz sind PIWIs entscheidend

Was in der Studie nur beiläufig erwähnt wird, sind die schädlichen Auswirkungen von hohem Kupfer- und Schwefeleinsatz. Das Schwermetall Kupfer und das Nervengift Schwefel wird auch im Bio-Weinbau immer noch in hohen Mengen eingesetzt. Bei einer hohen Konzentration reichern sich die Stoffe im Boden an und wirken für viele Mikroorganismen und Pflanzen toxisch. Bei zu hohem Einsatz wird das Ökosystem im Weinberg ins Ungleichgewicht gebracht, die Anwendung sollte deshalb stark reduziert werden. Die Delinat-Richtlinien (S.32) berücksichtigen diese Problematik und erlauben schon heute nur rund die Hälfte an Kupfer und Schwefel, im Vergleich zu anderen Bio-Zertifizierungen im Weinbau. Zudem sehen sie einen Reduktionsplan für die kommenden Jahre vor.

Und genau hier kommen die robusten Sorten ins Spiel, also PIWI-Sorten im Weinbau. Dank der hohen Resistenz gegen Pilzkrankheiten helfen sie, Kupfer- und Schwefeleinsatz auf ein Minimum zu reduzieren. Weitere hilfreiche Massnahmen sind die Erhaltung der Bodengesundheit und die Erhöhung der Artenvielfalt auf dem Feld, wie Delinat seit Jahrzehnten den Winzern empfiehlt. Diese Methoden sind wichtig, um den Einsatz von biologischen Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren. Sollten die Schädlinge dennoch überhand nehmen, ist der Einsatz von Nützlingen, Mikroorganismen, Pheromonen oder Abschreckungsmitteln die zweite Wahl. Erst als letzter Ausweg sollten Pflanzenschutzmittel wie Kupfer, Schwefel, Backpulver oder pflanzliche Öle zum Zug kommen. Und wenn, dann in möglichst geringer Menge.

Chemisch-synthetische Pestizide beschleunigen das Artensterben und verschmutzen Boden, Luft und Gewässer oft über Jahrzehnte hinweg. Mehr zu den verheerenden Auswirkungen von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln – insbesondere bei der Austragung mit Helikoptern – findest du in diesem Video-Beitrag.

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