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Wie sieht die Rebsorte der Zukunft aus?

Im nassen Sommer 2024 zeigte sich im Sortengarten des Delinat-Winzers Roland Lenz deutlich, welche PIWI-Neuzüchtungen sich als Rebsorte der Zukunft eignen.

Blogbeitrag von Olivier Geissbühler

Der Sommer 2024 war für viele Winzer eine Herausforderung: Viel Regen und hohe Feuchtigkeit machten es den Weinreben schwer. Doch für den Delinat-Winzer Roland Lenz war es die perfekte Gelegenheit, seine Neuzüchtungen auf Herz und Nieren zu testen. In seinem Sortengarten am Hüttwilersee im Kanton Thurgau untersucht er seit mehreren Jahren pilzwiderstandsfähige Rebsorten (PIWIs), die vom Züchter Valentin Blattner stammen.

Selektion im Sortengarten: Nur die Besten überleben

Von den ursprünglich 600 gepflanzten PIWI-Reben haben sich mittlerweile lediglich 15 Sorten als wirklich vielversprechend herausgestellt. Die strenge Selektion ist nicht nur eine Frage der Resistenz, sondern auch des Wachstums und der Ertragsqualität.

Roland Lenz erklärt: „Halbresistente PIWI-Sorten gibt es bereits viele, doch besonders ältere Sorten wie Regent werden zunehmend anfälliger für Mehltau.“ Die von Valentin Blattner neu gezüchteten Sorten sollen genau hier Abhilfe schaffen. Die zukünftigen Anforderungen an diese neue PIWI-Generation sind hoch: Der Standort des Sortengartens wurde bewusst so gewählt, dass die Reben extremen Bedingungen mit viel Krankheitsdruck ausgesetzt sind.

Der Sortengarten: Ein Prüfstand der Natur

Der Sortengarten von Roland Lenz liegt direkt am Hüttwilersee, einem Gebiet mit wenig Wind und hoher Feuchtigkeit. „Hier herrscht perfektes Pilzwetter“, erklärt der Delinat-Winzer. Morgentau bleibt oft bis in die Mittagsstunden bestehen und fördert so die Pilzinfektionen.

In dieser Umgebung zeigt sich, welche Reben wirklich resistent sind: „Von den anfänglich gepflanzten, als resistent geltenden Reben, haben nur wenige überlebt“, berichtet Roland Lenz. Die übrig gebliebenen Sorten haben jedoch das Potenzial, auch in zehn oder zwanzig Jahren unter widrigen Bedingungen und ohne grossen Pflanzenschutzmittel-Einsatz gesund zu bleiben.

Robuste Reben für die Zukunft

Trotz der Verbreitung des Mehltaupilzes im Sortengarten haben es einige der Reben geschafft, gesund zu bleiben. Lenz begutachtet das Laub einer dieser vielversprechenden Sorten: „Das kräftige Grün und der Blattglanz zeigen die Gesundheit der Pflanze.“ Kleine Nekrosen an den Blättern weisen darauf hin, dass die Pflanze Pilzinfektionen erfolgreich abwehren kann, indem sie befallene Zellen isoliert.

Besonders begeistert ist der Winzer jedoch von den Trauben: „Locker angeordnet, mittelgross und gut belüftet – ideal für den Winzer.“ Diese lockere Traubenstruktur hilft, Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden, was besonders in nassen Jahren wie 2024 entscheidend ist.

Zukunftsperspektiven: Von der Mikrovinifikation zur offiziellen Rebsorte

Der nächste Schritt für Roland Lenz besteht darin, die Ergebnisse weiter zu verfeinern. Dazu wird nach der Ernte eine Most-Analyse der Trauben durchgeführt. Wenn diese positiv ausfällt, wird Lenz die besten Sorten vermehren und an einem anderen Standort rund 100 Jungreben pro Sorte pflanzen.

Die Entwicklung der neuen Sorten soll in den kommenden Jahren weiterhin genau beobachtet werden. Das Ziel ist es, die neuen PIWI-Reben in ein paar Jahren für den kommerziellen Weinbau freizugeben und so den Weg für einen zukunftsfähigen, nachhaltigen Weinbau zu ebnen.

Fazit: Ein langjähriges Sortenexperiment für nachhaltigeren Weinbau

Der Sortengarten von Roland Lenz ist ein aufwändiges und langjähriges Experiment. Das Ziel ist klar: Durch innovative Züchtung und strenge Selektion sollen die besten robusten Rebsorten ausgewählt werden. Die im Sommer 2024 gesund gebliebenen PIWI-Sorten geben Hoffnung für Winzerinnen und Winzer, um sich den Herausforderungen des Klimawandels stellen.

Der Sortengarten am Hüttwilersee ist ein wichtiger Forschungsbeitrag in Richtung eines nachhaltigen Weinbaus, der in Zukunft ohne den intensiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln möglich sein sollte. Der Erfolg seines Sortengartens könnte nicht nur für Roland Lenz, sondern für die gesamte Weinbaubranche ein Gewinn sein.

Transkript
Wir hatten hier drin ursprünglich 600 Sorten gepflanzt vor vier Jahren. Und ich glaube jetzt momentan haben wir 15 Sorten hier drin, die eigentlich all jenen Kriterien entsprechen, die wir uns vorstellen. Ich bin überzeugt, dass ein Cabernet Blanc zum Beispiel oder auch ein Regent, also die PIWI-Sorten der ersten Züchtungsgeneration, hätten hier drin keine Überlebenschance gehabt - keine. Weinbau der Zukunft PIWI Sortengarten Delinat-Weingut Lenz Wenn man einen solchen Sortengarten anlegt, dann versucht man, bezüglich Mikroklima eine Lage auszusuchen, die speziellen Stress auf die Rebe auswirkt. Weil wir schauen möchten, welche Sorten wirklich gegen die Pilzkrankheiten resistent sind. Und dieser Sortengarten liegt direkt neben dem Hüttwilersee, eigentlich ganz unten. Also es hat quasi kein Wind hier drin. Es hat sehr viel Feuchtigkeit, am Morgen ist es immer sehr nass. Und man hat es jetzt gesehen: Ursprünglich hatten wir ja nur resistente Reben gepflanzt, dachten wir, und mittlerweile haben wir von 600 auf 15 reduziert, wo wir sagen können: Wow, die haben wirklich ein Potenzial, auch bezüglich Genetik und vom Erscheinungsbild her, um auch langfristig resistent zu bleiben. Einfach weil die Infektionen hier unten, die sind jeden Tag in der Vegetationszeit, es kann noch so schön sein, am Morgen hat es hier immer Tau und es ist sehr nass. Es trocknet lange nicht ab und dementsprechend ist es einfach optimales Pilzwetter. Also wir sehen rein schon vom Blattglanz her, dass es hier ein sehr kräftiges Grün ist. Die Blätter sind auch im oberen Bereich wirklich noch grün. Es hat Stellen, wo man sieht, dass die Rebe die Infektionen abwehrt, die sogenannten Nekrosen, die man hier sieht. Der Pilz hat eine Zelle befallen, und die Pflanze lässt die Nachbarszellen absterben, so dass sich der Pilz nicht ausdehnen kann. Das macht sie sehr erfolgreich. Hat aber nicht sehr viel davon. Ich habe schon Pflanzen gesehen, die dadurch fast alle Blätter haben absterben lassen. Also die Blattfläche ist wunderbar intakt und gesund. Und das ist natürlich wichtig, um die vielen Trauben dieser Rebsorte ausreifen zu lassen. Wobei ich sagen muss: Die Trauben finde ich unglaublich schön. Sie sind eher locker angeordnet, es kommt Luft dazu. Eher mittelgross, nicht zu klein, nicht zu gross, das ist auch vom Ertrag her für den Winzer wichtig, dass es auch bezüglich Wirtschaftlichkeit stimmt. Und was ganz cool ist hier, das sieht vom physiologischen Erscheinungsbild super aus: Wir mussten zwar einige Blätter herausnehmen, in dem Bereich, wo sich jetzt die Trauben befinden, aber sicher nicht viele weil es ist ein ganz lockerer Aufbau der Rebe. Und das hilft uns natürlich auch wieder bei den Arbeitsstunden, um Einsparungen zu machen, wenn man nicht allzu viele Blätter entfernen muss. Weil die Blattstellung der Sorte nicht zu macht, damit man die Trauben nicht mehr sieht, sondern sie ist leicht schräg, und das hilft immer. Da stehen jetzt zehn Reben, da konnten wir bereits Most machen. Letztes Jahr trug sie das erste Mal Trauben, da war sie im dritten Jahr, jetzt sind die Reben im vierten Jahr. Und wir konnten letztes Jahr eine Mostanalyse machen, und das werden wir dieses Jahr auch wieder machen, und dann vergleichen. So können wir die Inhaltsstoffe, den Reifezeitpunkt, und so weiter besser beurteilen. Von dieser Pflanze schnitten wir letztes Jahr im Januar Holz, und wir gaben dieses Holz an Philippe Borioli weiter, damit er junge einjährige Pfropfreben daraus herstellen kann. Wir nahmen Holz von etwa 30 verschiedenen Sorten, und nach der Bonitierung von diesem Jahr werden wir von diesen 30 die 15, welche sehr gut aussehen, diese Jungreben, jeweils zwischen 100 und 200 Jungreben, werden wir wieder in einem anderen Weingarten pflanzen. Und daraus können wir dann die ersten 100 oder 200 Liter Wein machen. Das dauert natürlich, wenn wir es jetzt nächstes Jahr im 2025 pflanzen, können wir dann allenfalls 2025 pflanzen, 2026, 2027, allenfalls im 2028 könnten wir das dann realisieren.

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