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Fruchtbarer Boden sorgt für doppelten Ertrag

Als Roland Lenz dieses Stück Land kaufte, war es kein fruchtbarer Boden: Aufgrund der intensiven Bewirtschaftung durch Ackerbau war der Humus-Anteil auf rund zwei Prozent gesunken und damit die Erträge auch nicht mehr optimal. Vor rund 14 Jahren übernahm der Delinat-Winzer die Fläche und hat darauf PIWI-Reben (pilzwiderstandsfähige, robuste Reben) der Sorte Solaris gepflanzt. Zugleich hat er Schritt für Schritt begonnen, den Boden wieder aufzubauen.

Dank einer vielfältigen Begrünung, schonender Bodenbearbeitung und einer Menge organischem Material ist es Roland Lenz gelungen, den Humus-Anteil auf rund 4,5 Prozent zu steigern und den Boden wesentlich fruchtbarer zu machen. Neben die Reben hat er Hecken und Bäume gepflanzt und somit ein Agroforst-System geschaffen, wo sich die Reben ausgesprochen wohl fühlen. Dank der höheren Biodiversität, dem pestizidfreien Pflanzenschutz und der schonenden Bodenbewirtschaftung hat sich in dieser Zeit das Bodenleben vervielfacht, es konnte sich in grossem Umfang regenerieren.

Ökologische Intensivierung dank regenerativer Landwirtschaft
Zugleich stellte Roland Lenz aber fest, dass sich das auch auf die Reben auswirkte: Das Blatt-Frucht-Verhältnis stimmte nicht mehr und er musste etwas an der Erziehung der Reben ändern. Da der Boden so fruchtbar wurde, waren die Reben «unterfordert» und deshalb musste das Kultursystem geändert werden.

So hat er aus einem sogenannten «Doppelstrecker» zwei gemacht, was für doppelt so viele Triebe und somit auch für doppelt so viele Trauben pro Stock sorgte. Und die Strategie ist aufgegangen: Sogar im trockenen Sommer 2022 blieben die Reben vital und produzierten tatsächlich mehr als den doppelten Ertrag als beim traditionellen Erziehungssystem. Der Boden ist also so fruchtbar geworden, dass auf derselben Fläche doppelt so viele Trauben produziert werden können. Und das Beste daran: Die Qualität der Trauben ist mindestens so gut geblieben – wenn nicht sogar besser.

Rebbauzonen verhindern Biodiversität in Schweizer Weinbergen
Da Roland Lenz dank dem fruchtbaren Boden jetzt auf gleicher Fläche mehr Trauben produzieren kann, hätte er im Weinberg nun Platz für weitere Bäume oder auch Getreide. So könnte der Delinat-Winzer die Monokultur weiter aufbrechen und in seinem Weingarten zusätzliche Fruchtfolgen anpflanzen.

Doch hier macht ihm die Schweizer Gesetzgebung einen Strich durch die Rechnung: Im sogenannten Rebbau-Kataster sind die Flächen, wo Weinreben angepflanzt werden dürfen, ganz klar definiert. Und das heisst faktisch, dass dort auch nur Reben angebaut werden dürfen, und nichts anderes. Sein zukunftsweisendes Anbausystem ist somit (noch) nicht gesetzeskonform. Roland Lenz hat diese Problematik bereits bei Bundesrat Guy Parmelin und beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) vorgetragen. Es bleibt zu hoffen, dass diese veraltete Gesetzgebung bald korrigiert wird.

Blog-Artikel von Olivier Geissbühler

Transkript
Da haben wir eigentlich eine Doppelerziehung untendran und eine Doppelerziehung obendran: Sprich wir haben mehr als doppelt so viele Triebe nachher auch und wir haben mehr als doppelt so viele Trauben. Wir haben vor 15 Jahren dieses Land kaufen können, vorher war hier eine normale Fruchtfolge drauf: Ein Jahr Zuckerrüben, danach Mais, dann Getreide, und eine Kunstwiese. Und dann begann es wieder mit Zuckerrüben, und so weiter. Und das hat dazu geführt, dass der Humusgehalt relativ tief gewesen ist, als wir sprechen von einem Ackerboden dazumals von etwa 2% Humusgehalt. Mittlerweile haben wir hier 4,5 Prozent Humus. Und das hat natürlich auch die ganze Bodenvitalität beeinflusst: Die Mikroorganismen haben sich vervielfacht hier drin, Regenwurm, Springwurm, all die Mikroorganismen, die man von Auge gar nicht sieht. Und die zersetzen hier natürlich fortwährend das grobe Material, das wir ihnen liefern, mit dem Walzen, mit dem Rebholz und so weiter. Und diese Nährstoffe kommen jetzt auch unseren Pflanzen zugute. Sprich: Wir haben jetzt gemerkt, dass eigentlich mit dem Kultursystem, das wir angewandt hatten vorher - das war ein Doppelstrecker, so wie man es eigentlich landauf, landab macht - dass die Reben unterfordert sind. Also der Boden ist jetzt so fruchtbar geworden, so vital geworden, dass das Kultursystem, wie wir die Rebe eigentlich zu erziehen versuchen, dass das Blatt-Frucht-Verhältnis nicht mehr stimmt. Die Rebe produziert jetzt eigentlich zu viele Blätter zu den paar Trauben, und das kann dann sogar ins Gegenteil kippen, dass die Trauben eigentlich tendenziell verrieseln. Darum haben wir mit dem hier angefangen zwischendrin. Da ist übrigens eine Haselnuss; also wir haben zwischendrin sogar Richtung Mischkultur Haselnüsse jetzt gepflanzt. Da haben wir eigentlich eine Doppelerziehung untendran und eine Doppelerziehung obendran: Sprich wir haben mehr als doppelt so viele Triebe nachher auch und wir haben mehr als doppelt so viele Trauben. Und jetzt bei dieser Kulturmassnahme da stimmt auch wieder das Blatt-Frucht-Verhältnis, man sieht, dass die Rebe vom Wuchs her recht ausgeglichen ist. Und es hat sich jetzt heute Morgen bewahrheitet, also wir haben da etwa 2,5 Mal den Ertrag geerntet wie von da drüben, und das ist das Erstaunliche dann: Die Qualität ist nicht mal schlechter; im Gegenteil, es ist also kein Unterschied feststellbar gewesen. Und dem ganzen - was man jetzt hier sieht und wo man Erfahrungen sammeln konnte - dem sagen wir: Ökologische Intensivierung. Also wir könnten jetzt auf dieser Fläche hier, in diesem Weingarten einen Teil der Reben roden, sogar etwas anderes machen, und einen Teil könnten wir anders erziehen, und dadurch natürlich mehr ernten pro Stock - ohne dass wir einen Qualitätsverlust haben. Aber man könnte die Quantität massiv steigern. Und theoretisch könnten wir jetzt in diesem Weingarten hier - ich sage jetzt mal auf zwei Dritteln dieser Fläche - Reben haben, wo man vermutlich gegenüber letztem oder vorletztem Jahr fast 300 Prozent mehr Ertrag hätte. Und auf dem anderen Drittel könnten wir jetzt auch etwas ganz anderes machen. Also da kommen dann so Gedanken auf, dass man eine Fruchtfolge machen würde - mit Getreide zum Beispiel. Oder allenfalls auch Fruchtbäume pflanzt - etwas, das - ich sage jetzt mal - nicht allzu massig wird. Also Richtung Haselnüsse, Pfirsich oder Mandeln, Beeren - Maulbeeren zum Beispiel - oder irgend so etwas. Es ist auch immer so, dass in der Schweiz, wenn man Wein produzieren möchte, muss man in einer sogenannten Rebbau-Zone sein, im Rebbau-Kataster. Die Flächen, wo man Trauben erzeugt für Alkoholproduktion, sind kategorisiert, die sind eingeteilt und eingezont. Und wenn man jetzt natürlich quasi nur noch auf zwei Dritteln der Fläche Reben hat, würde eigentlich der andere Drittel, wo man keine Reben mehr hat, aus dieser Fläche rausgenommen werden, rechtlich gesehen. Und ich hatte ja im März, als Herr Parmelin hier war, und andere Leute vom BLW, hatte ich das zur Debatte gebracht, dass man den ganzen Rebbau-Kataster auflösen sollte, dass das eigentlich frei werden sollte. Einmal mehr, dass der Winzer die Freiheit haben sollte, irgend an einem Ort Reben zu machen, weil wir merken ja auch, dass gerade in diesen Rebbau-Zonen vielfach die klimatischen Bedingungen nicht mehr so günstig sind. Also meistens ist es zu heiss und zu trocken. Dass man da in eine Zone hineingehen könnte, wo es weniger extremer wäre. Aber das ist momentan unmöglich. Diese Zonen sind eigentlich fix und es ist wirklich schwierig, eine Zone wie umzuzonen. Die Fläche ist ja zu wertvoll um Biodiversität zu machen, rein jetzt vom Aspekt von der Traubenproduktion her, die man braucht für den Wein. Und ich habe gerade Kenntnis von einem Fall, eine Genossenschaft, welche ganz klar gesagt hat ihren Mitgliedern: Dort, wo diese Rebbauzone ist, darf kein Baum, keine Büsche gepflanzt werden oder andere Kulturen gepflanzt werden, es dürfen nur Reben gepflanzt werden, und das ist natürlich fatal. Das ist absolut fatal für die Biodiversität. Das ist genau das, was wir jetzt hier drin was ich glaube, dass wirklich ausschlaggebend ist, man hat eben rundherum sehr viele Pflanzen, die auch Einfluss nehmen. Natürlich auf das Mikroklima und eben vermutlich auch, oder nicht nur vermutlich, ganz sicher, man weiss es heute, auf die Wasserversorgung, auf die Nährstoffversorgung, auf ich sage jetzt mal - auch Kommunikation allgemein zwischen den Pflanzen. Und ja, das ist fatal, also das ist für mich ein Rückschritt, ich glaube ganz weit zurück, ich glaube es ist weiter zurück als 100 Jahre, ich glaube es ist 1000 Jahre zurück, vielleicht sogar noch weiter zurück, weil unsere Vorfahren, die waren mit der Natur ganz anders verbunden, und die hatten diese vielen Aspekte, bei denen sich die Natur gegenseitig hilft, hatten die, glaube ich, besser im Griff als wir heute. Also es ist unglaublich, dass das in der heutigen Zeit passiert.

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