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Ökologischer Weinbau lohnt sich in jeder Hinsicht

Ökologischer Weinbau steht für den Delinat-Winzer Roland Lenz aus dem Kanton Thurgau seit Jahren im Mittelpunkt. Und nach mehrjährigem und konsequentem Umbau seines Betriebs zieht er ein positives Fazit: Dank dem konsequent nachhaltigen Wirtschaften ist er auch gegen externe wirtschaftliche Einflüsse und steigende Rohstoffpreise besser gewappnet. Hier die wichtigsten Gründe:

  • PIWIs
    Dank dem Anbau von neuen, pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWIs) muss er viel weniger Pflanzenschutz betreiben. So kann er unzählige Traktorfahrten, damit verbundene Arbeitsstunden und eine Menge Diesel einsparen. Wenn er natürliche Präparate ausbringt, um die PIWI-Reben zu stärken, macht er dies meist mit einer Drohne.
  • Erneuerbare Energien
    Was den Strom betrifft, gilt das Delinat-Weingut Lenz schon seit längerem als autark: Dank der grossen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach werden rund 140’000 Kilowattstunden im Jahr produziert, wobei nur etwa die Hälfte davon gebraucht wird. Im Untergeschoss des Weinkellers befindet sich ausserdem eine grosse Batterie. Dort wird der tagsüber produzierte Strom gespeichert und bei Bedarf in der Nacht verwendet. Der Rest der ökologisch produzierten Sonnenenergie fliesst in das örtliche Stromnetz. (-> Zum Thema: Auch das italienische Delinat-Weingut Savian setzt konsequent auf Photovoltaik.)
  • Fruchtbarer Boden anstatt künstlicher Dünger
    Düngemittel, vor allem künstliche, kosten viel Geld: Erstens, um sie zu kaufen und zweitens, um sie auszubringen. Auch da verfolgt Roland Lenz einen anderen Ansatz. Er stellt mit viel organischem Material aus Rebschnitt und Begrünung sicher, dass die Lebewesen und Mikoorganismen im Boden genügend Nahrung haben. Diese machen dann die Nährstoffe für die Reben verfügbar, in dem sie das organische Material zu Humus verarbeiten. Einer der wichtigsten Mitarbeiter im ökologischen Weinberg ist für den Delinat-Winzer also der Regenwurm.
  • Nicht zu unterschätzen: Die Verpackung
    Ein oft unterschätzter Aspekt ist die Weinflasche mit Verschluss und allem, was dazu gehört. Um dort den CO2-Abdruck ebenfalls möglichst klein zu halten, setzt Roland Lenz auf Leichtglas-Flaschen, die in der Schweiz aus Recycling-Glas hergestellt werden. So wurde er bisher von grösseren Lieferschwierigkeiten verschont: Weil der internationale Glas-Markt derzeit aufgrund des Ukraine-Krieges ziemlich angespannt ist, müssen Winzer in ganz Europa monatelang auf Glasflaschen warten und können ihre Weine nicht abfüllen. Dies war bei Roland Lenz bisher nicht der Fall. Weitere Aspekte, die Roland Lenz beachtet, sind Naturkorken sowie umweltverträgliche Etiketten.

Zusammenfassend hält Roland Lenz fest, dass eine Umstellung auf eine ökologische Bewirtschaftung zwar fünf bis zehn Jahre dauert, aber sich auf jeden Fall lohnt. Und diese schnelle Regeneration ist eigentlich ein Wunder: Auch wenn während 50 Jahren die Natur mit umweltschädlichen Produkten und Anbauweisen beeinträchtigt wurde, so erhole sie sich vergleichsweise sehr schnell wieder.

Blog-Beitrag von Olivier Geissbühler

Transkript
Strommässig sind wir natürlich schon länger autark, also der Strom berührt uns überhaupt nicht, Gott sei Dank. Ich muss wirklich sagen, wir haben jetzt wahnsinnig Glück, dass wir in den letzten 10 Jahren viele Weichen gestellt haben, die uns jetzt stark zugute kommen. Einerseits mit den ganzen PIWIs, haben wir natürlich viel weniger Durchfahrten. Wir mussten - oder durften - gerade die Diesel-Statistik fertig machen für dieses Jahr und haben festgestellt, dass wir dieses Jahr zum Beispiel 65 Liter Diesel pro Hektare verwendet haben. Ich glaube, in einem konventionellen Betrieb wird es das Vierfache sein, sehr wahrscheinlich. Das ist eine ganz andere Situation. Strommässig sind wir natürlich schon länger autark. Wir produzieren ja fast 140'000 Kilowattstunden und verbrauchen selber nur 70. Und die können wir auch einspeichern, so dass wir es abrufen können, wenn wir es brauchen. Also der Strom berührt uns überhaupt nicht, Gott sei Dank. Und dann haben wir aber auch vor 3-4 Jahren Weichen gestellt, eigentlich um dem Hauptverursacher der CO2-Geschichte im Weinbau begegnen zu können, und das ist die Flasche - also Verpackung. Wir haben eine eigene Leichtglas-Flasche, die wir jetzt produzieren lassen bei Vetropack in der Schweiz. Es ist eigentlich Bruchglas, also all das dunkle Glas, das der Konsument wegschmeisst, kommt auf Saint-Prex, wird eingeschmolzen, und Saint-Prex produziert zweimal im Jahr an zwei Tagen für uns Flaschen. Das ist eine Produktion pro Tag von 150'000 bis 160'000 Flaschen. Und das müssen wir einlagern an einem anderen Ort, aber dadurch haben wir es griffbereit, wenn wir es brauchen. Dann haben wir auch einen Bio-Korken. Wir verschliessen unsere Flaschen nur mit nachwachsendem Rohstoff. Das ist das nächste, und jetzt ganz neu, auf diesen Jahrgang 2022, passen wir auch unsere Etiketten an. Erstens eher eine kleine Etikette, zweitens biologischer Leim, und drittens ein Recycling-Papier. also eigentlich ein Altpapier, sozusagen. Ja und das sind so diese Sachen, die... wir jetzt gerade - wie soll ich sagen - die natürlich dazu führen, dass wir unsere Produktionskosten doch ziemlich gut im Griff haben. Und gibt es auch noch andere Aspekte - zum Beispiel im Pflanzenschutz oder Dünge-Bereich, wo konventionelle Winzer viel höhere Ausgaben haben? Das ist sicher so: Also wie gesagt, wenn du einen Pinot Noir 10-15 Mal behandelst pro Jahr, mit Hilfsstoffen, ob das jetzt chemisch-synthetische Pestizide sind bei konventionellen Betrieben oder vielleicht auch ein Bio-Betrieb, der dann trotzdem Kupfer und Schwefel einsetzen muss, das ist zwar nicht so teuer, aber teuer ist natürlich die Überfahrt, also der Mitarbeiter, der Traktor, das Applikationsgerät, und so weiter. Das ist teuer. Dann natürlich die ganze Düngerei: Als ich angefangen habe, hatte ich auch immer gemeint, rein schon von der konventionellen Ausbildung her, ich müsse viel mit Dünger arbeiten. Klar hat man organischen Dünger verwendet und biologischen Dünger, aber trotzdem waren das einerseits Kosten von der Beschaffung aber natürlich nachher auch Kosten zum Ausbringen. Und jetzt seit etwa fünf Jahren bringen wir absolut keinen Dünger mehr aus. Wenn, dann einen eigenen Kompost, den wir machen, bei Jung-Anlagen, bei jungen Reben. Und wieso können wir trotzdem - wie soll ich sagen - gut wirtschaften, quantitativ - weil wir eben gute Böden haben. Aber das erreicht man mit Humus-Aufbau. Und dazu braucht man keinen Dünger. Für das braucht man viele Mikroorganismen, und die muss man füttern. Und das heisst, du musst organische Substanz - also du musst obendran etwas produzieren, das als Futter dient, das ist einerseits Rebholz, und andererseits halt eben die Grünmasse, die wir laufend knicken, und dann von den Mikroorganismen laufend zersetzt und zu Superfood verarbeitet wird. Also Stichwort Regenwurm - sein Kot ist ein absoluter Superfood für die Pflanzen. Und wenn man 300 Regenwürmer hat pro Quadratmeter - und das haben wir an gewissen Orten - dann hat man es geschafft. Dann hast du den Kreislauf geschlossen und die Regenwürmer produzieren alles, was die Pflanze braucht. Dann kann man sagen, dass es ökologisch resilientes Anbausystem auch wirtschaftlich resilienter ist? Total. Absolut. Aber es braucht auch seine Zeit natürlich, also ich denke, wenn man lange konventionell gewirtschaftet hat, braucht es zwischen 5 und 10 Jahre, bis man in die Region kommt, wo diese Kreisläufe wieder geschlossen sind. Aber ich meine, wenn du 50 Jahre konventionell wirtschaftest, mit allem, was man eigentlich nicht machen sollte, und die Natur dann trotzdem innerhalb von 5 bis 10 Jahren dir das verzeiht - respektive wieder vital wird - dann muss man einfach sagen, die Natur ist ein Wunder. Es ist einfach ein Wunder.

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