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Sind PIWIs die Lösung für den Green Deal?

Für viele Winzer ist es ein Schreckgespenst: Die Europäische Union hat den Green Deal ins Leben gerufen. Dieser sieht vor, bis 2030 eine Reduktion von 50% des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in der Landwirtschaft zu erreichen. Und schon jetzt ist klar: Traditionelle Rebsorten können dieses Ziel aufgrund der Krankheitsanfälligkeit gegenüber den Mehltaupilzen nicht erreichen. Die Winzer müssen deshalb nach neuen Lösungen suchen. PIWI-Trauben könnten Abhilfe schaffen, da sie deutlich weniger Pflanzenschutz benötigen.

In diesem Video gibt der Rebschulist und PIWI-Experte Volker Freytag seine Einschätzung zum Potential der PIWIs ab. Die neuen Sorten haben in den letzten 30 Jahren eine grosse Entwicklung gemacht. Während bei älteren PIWI-Sorten wie Regent viele Winzer noch skeptisch waren bezüglich Geschmack und Resistenz, erfüllen die neueren PIWI-Sorten heute besser die gewünschten Eigenschaften.

Zuchtziele haben sich wegen dem Klima verändert

Gemäss Volker Freytag ist es angesichts der Klimaveränderungen notwendig, Sorten zu finden, die besser an die neuen Bedingungen angepasst sind. So sucht man heute zum Beispiel eher nach spät reifenden Rebsorten, die höheren Temperaturen standhalten und bei denen die Säure erhalten bleibt. Früher hatte man eher auf früh reifende Sorten gesetzt in Deutschland. Und auch die Resistenzen gegenüber dem Falschen und Echten Mehltau sind deutlich besser geworden. Dank mehrfachen Resistenzmechanismen halten sie auch starkem Krankheitsdruck stand.

Alleine die Neupflanzung von robusten Rebsorten wird jedoch nicht reichen, um den Green Deal zu erfüllen. Momentan sind noch nicht einmal 3 Prozent der Rebfläche in Deutschland mit PIWIs bepflanzt. Und da nur ca. 2.5 Prozent der Reben jährlich ausgerissen und erneuert werden, dauert es noch mehrere Jahre, bis die neuen Sorten eine zweistellige Prozentzahl der Anbaufläche in Deutschland erreichen. Zudem ist auch das Angebot von Jungpflanzen bei den Rebschulen begrenzt: Die Vermehrung der neuen Sorten braucht Zeit. Aber eines ist klar: PIWIs sind ein wichtiger Schritt zur Erreichung des Green Deals.

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Transkript
Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, brauchen wir 300 Jahre, um den Green Deal zu erreichen. Also um 50% der Flächen etwa umzustellen auf PIWIs. Für mich war es, als Rebveredler, wo ich mitgekriegt habe, dass durch eine biotechnische Maßnahme man mit dem Schädling leben kann, die logische Weiterführung, dass man über die Kreuzung auch die Pilzkrankheiten zum Teil zu beherrschen, ein höheres Ziel und ein mögliches Ziel. Die Sorten vor 30 Jahren, war natürlich die wichtigste Sorte damals Regent, die ist gerade dort aufgekommen und hat sich auch schnell verbreitet, weil wir hatten eine Situation, wo Rotwein gefragt war, wir hatten so einen Dornfelder-Boom hier in der Gegend. Und dann war der Rotwein so weit vom Preis her unterschiedlich zu den weißen Sorten, dass niemand gedacht hat, dass die nächste Stufe Weißwein sein wird, sondern wieder Rotwein. Und dann war Regent da und es war resistent, und dann hat man gesagt, das macht Sinn und das pflanzen wir mal. Und dann war das recht euphorisch, und man hatte innerhalb von 3-4 Jahren ungefähr 2300 Hektar in Deutschland gepflanzt, was ja doch dann bei 100'000 Hektar 2,3 Prozent der Anbaufläche sind. Dann gab es eine Entwicklung, die ging wieder weg vom Rotwein, das hat also nicht so sehr gepasst zum Regent, es gab auch nicht nur gute Weine am Anfang vom Regent, es gab auch nicht nur die tolle Resistenz, die man gedacht hat. Und so gab es erstmal einen gewissen Rückschlag, so das gewisse Winzer gesagt haben: "Ja, PIWI, lass’ mich mal in Ruhe, ich habe das mit Regent probiert, das hat nicht so geklappt, wie ich mir es vorgestellt habe". Und jetzt sind wir in einer Situation, die Zeit ist jetzt reif, die Verbraucher wollen auch nachhaltige Produkte, fragen da nach, sie wollen immer mehr in die Richtung Bio gehen und so weiter. Und da sind diese Sorten natürlich sehr hilfreich. Zum anderen hat sich in den letzten 30 Jahren das Klima verändert, wir spüren jetzt wirklich den Klimawandel. Und interessant ist - wir hatten damals - unsere erste Intention, war frühreifende Rotweinsorten zu finden, was jetzt überhaupt keinen Sinn mehr macht, weil wir sind jetzt eher auf der Suche nach spät reifenden Weißweinsorten. So hat sich die Situation geändert, weil wir in den Weinbaugebieten immer früher Austrieb haben, immer frühere Vegetation, immer wärmer. Und wir müssen jetzt eigentlich gucken, dass wir mehr Säure-Stabilität haben. Wir kriegen die Sorten reif, meistens haben sie zu viel Alkohol. Und jetzt haben wir ganz andere Intentionen. Aber das ist klar, es ist eine gewisse Dynamik und die müssen wir mitgehen. Mit zunehmenden Klimaschwankungen und Klimaereignissen ist es schwieriger, überhaupt einen Ertrag zu generieren. Und die Winzer brauchen ja auch eine gewisse Sicherheit, dass sie die Arbeit entlohnt kriegen, die sie das ganze Jahr machen, ob da Trauben drin hängen oder nicht, ich habe die gleiche Arbeit und letztendlich ist das Ziel der Winzer ja aus den Trauben Wein zu machen und den zu verkaufen und wenn ich da nur schwache Ernten habe, dann geht's irgendwann nicht mehr auf, also das ist auch ein großer Teil, wo man jetzt den anderen Ansatz hat. Vor 30 Jahren hatte man eher zu viel Ertrag an den Reben und musste reduzieren. Und heute haben wir Jahre dabei, wo der Ertrag gefährdet ist durch den Pilzdruck. Und da kann man stark entgegenwirken mit den PIWIs. Aber auch die politische Landschaft hat sich geändert, in der EU möchte man den Green Deal. Das heißt, bis 2030 soll man eine Reduzierung von 50% der Pflanzenschutzmaßnahmen hinkriegen. Das ist ein ganz hohes Ziel, wenn man normale, traditionelle Rebsorten hat, das wird man so nicht einfach erreichen. Und das kann vielleicht gehen mit einem Anteil an PIWIs pro Betrieb, um das Ganze runter zu drücken. Interessanterweise ist es so, wenn wir jetzt mal das Beispiel Deutschland nehmen, wir haben hier einen Umtrieb von 2, maximal 2,5 Prozent. Das heisst, von den 100'000 Hektar werden 2000 bis 2500 Hektar jedes Jahr wieder neu gepflanzt, also ausgerissen und wieder neu gepflanzt. Wenn wir jetzt sagen würden, wir pflanzen jetzt nur noch PIWIs - was gar nicht möglich ist, weil wir gar nicht so viel Pflanzen haben - Dann wäre es so, dass man bis 2030 etwa 17 Prozent umgestellt hätten. In Wirklichkeit pflanzen wir aber von diesen 2% - 2,5% sind es in etwa 8% aktuell, was wir an PIWIs pflanzen. Und wenn wir in diesem Tempo weitermachen, brauchen wir 300 Jahre, um den Green Deal zu erreichen. Also um 50 Prozent der Flächen etwa umzustellen auf PIWIs. Also man sieht eigentlich dann, dass da schon ein bisschen Power geboten ist, dass man da anfangen soll zu starten. Und nicht dann 2030 überrascht sein soll als Winzer, jetzt habe ich nur noch die Hälfte der Pflanzenschutzmittel und ich komme nicht hin, ich habe keine Erträge mehr. Das ist schon auch noch mal eine wichtige Sache und deswegen ist in dem Punkt die Nachfrage auch sehr gestiegen. Von der Vermehrungsgeschichte, ist es so, dass natürlich die Rebveredler sehr aktiv sind im Moment, Vermehrungsflächen aufzubauen. Und die Züchter das Material dann auch zur Verfügung stellen müssen. Das ist auch ein Prozess, der muss wachsen über Jahre. Diese Vermehrungsflächen sind sehr anspruchsvoll, was die Bodenqualität angeht und die Selektion und so weiter. Und das ist nicht gerade «Hau-Ruck» aufzubauen, aber das passiert. Das bringt natürlich einen gewissen Verzögerungseffekt, das ist ganz klar.

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