Blog-Artikel von Olivier Geissbühler
«Nachhaltiger Weinbau» ist leider heutzutage oft lediglich eine Worthülse. In einem lesenswerten Artikel des Winzerbloggers Bernhard Fiedler werden die vielseitigen Aspekte des inflationär benutzten Begriffes «Nachhaltigkeit» beleuchtet. In diesem Beitrag wird deutlich, wie differenziert sich Bernhard Fiedler mit diesem Thema auseinandersetzt und es wird aufgezeigt, wie die Weinwelt konsequent nachhaltiger produzieren könnte.
Dabei wird schnell klar, dass sowohl auf der Produzenten-Seite wie auch auf der Konsumenten-Seite unterschiedliche Vorstellungen herrschen, was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet und welche Teilbereiche es bei der Weinproduktion umfasst. Auf verständliche Weise zeigt Bernhard Fiedler, wie man Nachhaltigkeit messbar machen und ganzheitlich in einem Weinbaubetrieb umsetzen kann.
Die wichtigsten Aspekte für nachhaltigen Weinbau:
- Biodiversität
- Bodengesundheit
- Wasser-, Energie- und Materialverbrauch
- Klima
- Ökonomie
- Soziales
- Weinqualität
Warum Bio nicht immer ausreicht
Wie Bernhard Fiedler treffend schreibt, sind zwar biologisch produzierte Weine in vielen Bereichen nachhaltiger als konventionell produzierte. Aber trotzdem bleiben gewisse Aspekte bei einer Bio-Zertifizierung, wie zum Beispiel die Ökobilanz oder der Ressourcenverbrauch, aussen vor. Das war auch der Grund, wieso Delinat bereits vor 40 Jahren eigene Richtlinien festgelegt hat, die den nachhaltigen Weinbau möglichst ganzheitlich umfassen sollen. Der Verzicht auf chemische Pestizide und die Beigabe von Zusatzstoffen sind zwar ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, aber in Zukunft braucht es Bemühungen, die noch weiter gehen und sämtliche oben genannten Aspekte umfassen.
Die Wahl der richtigen Traubensorte ist entscheidend
Ein grosser Hebel für die Steigerung der Nachhaltigkeit im Weinbau bietet die Wahl der Traubensorte. Denn in gewissen Weinbau-Regionen ist nachhaltiger Weinbau mit klassischen, europäischen Traubensorten schlicht nicht möglich, vor allem auch im Hinblick der immer schwierigeren Wetterverhältnisse. Hier kommen die Züchtungserfolge der letzten Jahre ins Spiel: Neue, robuste Rebsorten, auch PIWIs (pilzwiderstandsfähig) genannt, ermöglichen es, Aspekte wie Biodiversität, Bodengesundheit, Ressourcenverbrauch, Klima und Ökonomie deutlich nachhaltiger zu gestalten.
Der nächste Schritt von Nachhaltigkeit: Regenerative und klimapositive Landwirtschaft
Konsequent umgesetzte Nachhaltigkeit stellt sicher, dass künftige Generationen mindestens dieselben Ressourcen zur Verfügung haben, wie sie heute vorhanden sind. Doch auch das reicht mit den gewaltigen Umwelt-Herausforderungen des 21. Jahrhunderts oft nicht mehr: Idealerweise werden diese Ressourcen wieder aufgebaut und die Voraussetzungen für künftige Generationen verbessert, denn in der Landwirtschaft der letzten Jahrzehnte wurden bereits viele Ressourcen wie die Artenvielfalt, die Bodenqualität und die Energiereserven in rasendem Tempo abgebaut. Vielversprechende Ansätze liefern da die regenerative und klimapositive Landwirtschaft sowie Aspekte der Permakultur: Der Humus auf landwirtschaftlichen Flächen wird wieder aufgebaut, was die Bodenfruchtbarkeit fördert und CO2 aus der Atmosphäre bindet. Sämtliche Ressourcen wie Wasser und Energie sollen so eingesetzt werden, dass sie nirgendwo sonst fehlen und in einem Kreislauf auch auf lange Sicht verfügbar bleiben. Wenn auch in 50 oder 100 Jahren Weinbau noch möglich sein soll, ist das der einzig gangbare Weg. Ein Ansatz, wie ein Weingut das konkret umsetzen kann, liefert die Vision «Das perfekte Weingut».
Dass eine solche Umstellung nicht vom einen Tag auf den anderen geschehen kann, ist klar. Um einen Weinbaubetrieb konsequent ökologisch zu gestalten, sind sowohl Zeit als auch Investitionen nötig. Und damit sich ein solcher Umbau auch finanziell rechnet, sind weitere Anreize und Erleichterungen seitens der Politik zwingend: Denn im Moment wird immer noch viel zu oft eine umweltschädigende Landwirtschaft gefördert. In der Zukunft sollte konsequent nur noch klimapositive Landwirtschaft finanziell unterstützt werden, nur so ist eine flächendeckende Umstellung hin zu einer ökologischeren Anbauweise möglich.
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