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Weinreben im Weltall – Ist das wirklich die Zukunft?

Blog-Artikel von Olivier Geissbühler

Vor ein paar Wochen stiess ich auf eine Pressemitteilung, die mich etwas nachdenklich stimmte: 320 Rebstöcke, 50% Merlot, 50% Cabernet Sauvignon, wurden letztes Jahr für 312 Tage auf der internationalen Weltraumstation ISS gelagert, im Auftrag der Wissenschaft. Dafür verantwortlich war das europäische Start-Up «Space Cargo Unlimited». Das Unternehmen ist im Bereich der Mikrogravitations-Forschung tätig und hat auch schon Weine in den Weltraum transportiert.

«Selbstgesteuerte Evolution» im Weltraum
Euphorisch wurde in der Medienmitteilung von den ersten Beobachtungen berichtet: So hätten die Weinreben in der Schwerelosigkeit des Weltalls eine erhöhte Resistenz gegen Falschen Mehltau gezeigt. Dazu kam eine erhöhte Resistenz gegen die Reblaus und Veränderungen im Polyphenolgehalt. Zudem sei ein anderes Wachstum sowie Veränderungen in den mit den Pflanzen assoziierten Bakterien- und Pilzgemeinschaften festgestellt worden. Das Unternehmen nennt dieses Verfahren an den Pflanzen «selbstgesteuerte Evolution». Die Forschungsergebnisse können gemäss den Initianten wichtige Erkenntnisse für eine ökologischere Landwirtschaft bieten. Dass solche Experimente aufsehenerregend sind, kann man wohl nicht bestreiten. Zweifellos lassen sich mit der sogenannten Mission WISE (englisch für «klug», «vernünftig», «sinnvoll») auch interessante Beobachtungen feststellen. Doch wie vernünftig und sinnvoll dieses Forschungsprojekt ist, ist die andere Frage.

Teuer, aber wenig zielführend
Ein fragwürdiger Aspekt diesbezüglich sind zum einen die Kosten: Wie teuer diese private Mission ist, war nirgends zu lesen. Ich habe auch nirgends detaillierte Informationen darüber gefunden, wer alles an dieser Forschung finanziell beteiligt ist. Auf der Website des Unternehmens werden jedoch als Partner von Space Cargo Unlimited unter anderem auch Universitäten in Frankreich und Deutschland angegeben. Es ist somit anzunehmen, dass diese Weltraum-Experimente nicht vollumfänglich aus privater Hand finanziert werden. Der andere Punkt ist der ökologische Gedanke: In Zeiten der Klimakrise wirkt es schon fast grotesk, Pflanzen und Wein in den Weltraum zu schicken, um dort zu prüfen, wie gut sie wachsen.

Es gäbe auf jeden Fall günstigere, effizientere und umweltschonendere Massnahmen, um wissenschaftliche Fortschritte im Weinbau zu machen. Ich denke diesbezüglich an private Rebenzüchter wie Valentin Blattner. Er zeigt mit seinen robusten PIWI-Neuzüchtungen seit Jahrzehnten den Weg für einen ökologischen Weinbau klar auf. Bemerkenswert dabei ist, dass er fast die gesamte Forschung selber finanziert. Denn selbst wenn aus der Forschung im Weltall interessante Erkenntnisse resultieren: Der Nutzen für den Weinbau wird sich wohl in Grenzen halten und das Geld hätte man wohl sinnvoller in den Weinbau der Zukunft investieren können: Zum Beispiel für die Neuzüchtung robuster PIWI-Sorten – hier auf der Erde.

Mehr zum Thema: Nachhaltigkeit im Weinbau – Nur Greenwashing oder handfeste Bemühungen?

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