Die PIWI-Rebenzüchtung ist eine ständige Weiterentwicklung. Das muss sie auch sein, denn die Pflanzenkrankheiten mutieren ebenfalls ständig und finden immer neue Wege, um bei einer Rebe Schaden anzurichten. Dies zeigt sich darin, dass ältere pilzwiderstandsfähige Rebsorten (PIWIs) im Laufe der Jahre gewisse Resistenzen verlieren und anfälliger gegen Pilzkrankheiten wie der Echte und Falsche Mehltau werden.
Um gegen die Evolution der Pilzkrankheiten gewappnet zu sein, setzt der Rebenzüchter Valentin Blattner bei seinen robusten Neuzüchtungen auf eine Mehrfach-Resistenz, wo verschiedene Gene miteinander kombiniert werden. Es werden immer wieder die Pflanzen mit den besten Eigenschaften miteinander gekreuzt. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Pflanzen über lange Zeit hinweg eine hohe Resistenz gegen die Mehltau-Pilze aufweisen und somit nicht auf Pflanzenschutzmittel angewiesen sind.
Strenge Selektion ist zwingend
Um eine erfolgreiche neue Sorte auf den Markt zu bringen, ist eine strenge Selektion bei der PIWI-Rebenzüchtung äusserst wichtig. Selbst Neuzüchtungen, welche über den ganzen Sommer hinweg ohne Pflanzenschutz gesund blieben, werden im Herbst bei kleinsten Infektions-Anzeichen aussortiert. Denn Valentin Blattner weiss: Kleinste Krankheitsanzeichen sind der Anfang vom Ende. Sobald der Pilz gewisse Resistenzen einer Pflanze umgehen kann, wird er sich immer weiter ausbreiten.
Und da eine neue Rebsorte über mehrere Jahrzehnte hinweg in einem Rebberg bestehen sollte, strebt Valentin Blattner bei seinen Neuzüchtungen eine Super-Resistenz an, welche auch bei widrigsten Verhältnissen gesund bleibt. Nur so kann er sicherstellen, dass die Pflanze auch längerfristig ohne regelmässigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gesund bleibt.
«Wie bei Sonnenblumen oder Salat» – Umdenken im Weinbau?
Für Valentin Blattner ist klar, dass jahrhundertealte Rebsorten wie zum Beispiel Pinot Noir keine Zukunft haben. Denn diese wurden immer wieder geklont und hatten so gar nicht die Chance, ihre Genetik an die aktuellen Bedingungen anzupassen. Als dann im 19. Jahrhundert der Echte und Falsche Mehltau aus Amerika eingeschleppt wurde, waren sie der Krankheit schutzlos ausgeliefert. Als Ausweg blieben nur Pflanzenschutzmittel wie Kupfer, Schwefel und chemisch-synthetische Pestizide.
Ein Ausweg wäre die ständige Weiterzüchtung von immer robusteren Rebsorten, welche zudem die qualitativen Eigenschaften von traditionellen Rebsorten mitbringen. So wie es in anderen Landwirtschaftskulturen gemacht wird: Zum Beispiel bei Salat oder Sonnenblumen. Dort werden alle paar Jahre neue Sorten auf den Markt gebracht, welche immer resistenter gegen aktuelle Krankheiten sind. Die Bedingung wäre jedoch, dass die Hürden für eine Sortenzulassung weniger hoch sind und die PIWI-Rebenzüchtung dementsprechend schneller neue Sorten auf den Markt bringen kann. Und diese müssen dann auch von den Winzern und Weinkonsumenten akzeptiert werden.
Was denkst du, wie wichtig ist das Züchten von neuen robusten Rebsorten im Weinbau? Schreib deine Meinung in die Kommentare!
Transkript
Wenn man Pinot Noir 500 Jahre lang setzt,
dann ist klar, dass der Pilz das natürlich kennt
und sich nie neuen Abwehrmechanismen stellen muss.
Wir müssen im Grunde genommen mit der Evolution mitlaufen.
Sonst bleiben wir stehen und werden überrollt.
Diese Pflanze hat vorhin sehr gut ausgesehen und jetzt im Herbst
kriegt sie diese Oidium-Flecken auch noch auf dem Blatt.
Das ist die Weiterentwicklung von zuerst auf dem Holz,
und irgendwann schafft es der Pilz auch noch auf das Blatt.
Und das ist eine Katastrophe.
Hier ist eine Pflanze, die eigentlich sauber ist, sie besitzt "Run1".
Aber auf dem Holz ist es vorhanden,
und auf den Blättern gibt es dann solche Flecken.
Hier ist es ganz schön ersichtlich.
Das ist ein Grenzfall, den wir sicher nicht haben wollen.
Weil wenn der Pilz langsam beginnt, das machen zu können,
dann wird er es immer häufiger machen, er wird sich weiterentwickeln,
zu einem totalen Befall, und das wäre schade, weil dieses "Run1"-Gen ist eigentlich
super effizient, also wie wir sehen,
eine solche Pflanze ist die absolute Schönheit.
Es ist null Krankheit auf dem Blatt.
Und um herauszufinden, wieso das sie top sauber sind trotzdem dieses Problem hier haben,
daran arbeiten wir jetzt, weil das muss man wissen.
Wenn man weiss, woher es kommt, dann kann man auch züchterisch weitermachen.
Saubere Pflanzen zu züchten ist einfach, aber ganz saubere Pflanzen zu züchten ist schwierig.
Man kann das nicht mit einer Marker-Analyse bestimmen,
in dieser Pflanze würde die Marker-Analyse überall "Gut, gut, gut, gut" anzeigen.
Aber offensichtlich ist etwas nicht nicht gut und jetzt müssen wir herausfinden, wieso.
Wie gesagt - homozygot: also auf beiden Chromosomen ein Gen
oder der Einfluss von einzelnen Genen auf
- also vor allem von Amurensis-Genetik - auf diese Oidium-Genetik.
Ganz eine wichtige Sache, eine Menge Arbeit - sehr wichtig.
und in Zukunft werden sämtliche Sorten, die man zurzeit hat,
also von Regent bis Sauvignac und Divico und alle,
die kein "Run1" haben, werden keine Zukunft haben.
Weil die werden dann so aussehen, dass sie wohl
voller Blätter sind, das ist gut und recht, aber diese Blätter einfach im Herbst so aussehen.
Also hier haben wir "Rpv10" drin, das ist ganz offensichtlich, aber was nützt das,
wenn es im Herbst so verschissen aussieht.
Also diese Kombination sind die einzigen, die taugen
in der Zukunft und dorthin müssen wir.
Am Schluss werden nur noch resistente Sorten mit dieser Gen-Kombination,
welche zusammenpassen,
das Rennen machen und alles andere kann man gleich vergessen.
Wenn man da zweimal spritzt,
kann man noch einigermassen -
wir sehen das bei Sauvignac, Divico, ...
all die Sorten, die wir bis jetzt haben,
auch Muscaris mit dem "Rpv10" und so weiter und so fort.
Das funktioniert mit 2-3 Mal spritzen.
Aber im Herbst
ist es dann doch ein Grenzfall,
oder man hat sogar auf dem
Stielgerüst Oidium - das stinkt.
Man hat es auf dem Holz.
Das ganz sicher, weil man müsste sonst spritzen bis
November oder Oktober, das macht man ja auch nicht.
Wo hingegen, wenn man sowas hat,
muss man gar nicht mehr spritzen und es ist immer noch viel viel sauberer als
Sauvignac, Muscaris, Divico,
all das, was jetzt auf dem Markt ist.
Also die Zukunft ist schon
eine kombinierte Resistenz
mit einer wirklichen Super-Resistenz.
Auch so etwas ist ja gut und recht,
aber wir sehen, wie es jetzt im Herbst schon wieder anfängt -
das Blatt war ganz sauber vor einem Monat und jetzt beginnt es, also ist die
Resistenz halt einfach nicht genügend, und wenn es jetzt noch beginnt zu sporulieren,
dann wird sich dieser Sporen natürlich anpassen an dieses Blatt
und wird es in Zukunft immer weiter auffressen, also diese Sorte
und dann hält die vielleicht 5-10 Jahre, und dann haben wir wieder ein Problem.
Aber das ist in der Evolution sowieso:
Man kann keine Pflanze finden, die ewig hält.
Weil der Pilz züchtet sich nach
und findet dann irgendwann einmal auch den Trick hier,
also muss man mit dieser dann wieder weiterzüchten.
Das ist eine ewige Züchterei, so wie es in der Natur ist.
Aber wenn man immer dieselbe Genetik - wenn man Pinot Noir 500 Jahre lang setzt,
dann ist es klar, das der Pilz das natürlich kennt
und sich nie neuen Abwehrmechanismen stellen muss.
Und dann ist auch irgendwann mal so etwas fertig, dass es nicht mehr funktioniert, also auch
eine solche Pflanze muss immer wieder weitergezüchtet werden,
und dann ist es vielleicht so wie bei Salat oder Sonnenblumen,
wo alle 10 Jahre eine neue -
oder sogar alle 5 Jahre,
kommt eine neue Sonnenblume, die wieder resistenter ist,
und wenn man das nicht macht, verliert man das alles.
Und da muss konstant diese Züchtung laufen.
Wir müssen im Grunde genommen mit der Evolution mitlaufen.
Und sonst bleiben wir stehen und werden überrollt.
Man kann dann sagen, den Cabernet Sauvignon-Geschmack kann man behalten,
aber es gibt immer wieder einen neuen Cabernet Sauvignon-ähnlichen, der so schmeckt.
Aber in der Genetik immer wieder angepasster ist.
So müsste das eigentlich funktionieren in der Landwirtschaft mit allen Kulturen.
Stehen bleiben ist der Untergang, das ist ganz klar.