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Rebenzüchtung: Vom Kern zur Jungpflanze

Blogbeitrag von Olivier Geissbühler

Der Rebenzüchter Valentin Blattner pflanzt jedes Jahr mehrere 10’000 Traubenkerne. Die Kerne züchtet er jeweils im Vorjahr selber, indem er verschiedenste Rebsorten miteinander kombiniert. Europäische Reben werden dabei mit der Genetik von Wildreben gekreuzt, um robuste PIWI-Sorten zu erhalten, die nicht mehr so krankheitsanfällig sind und weniger Pflanzenschutz benötigen.

Valentin Blattner bestäubt die Blüten einer Rebe gezielt mit dem Pollen einer anderen Rebsorte. Die Kerne, die aus dieser Bestäubung heranwachsen, besitzen allesamt eine einzigartige Genetik. Das Ziel ist, auf diesem Weg moderne Rebsorten zu erhalten, die den klimatischen und ökologischen Herausforderungen der Zukunft gewachsen sind.

Im Herbst wurden die Traubenkerne aus den Trauben gewaschen und abgepackt, damit man weiss, von welchen Rebsorten-Eltern sie stammen. Anschliessend ist die richtige Lagerung entscheidend: Damit die Traubenkerne nicht frühzeitig spriessen, müssen sie konstant bei 2 Grad gelagert werden. Valentin Blattner lagert sie zudem in feuchtem Sand, dass sie bei der Einsaat direkt bereit zum Spriessen sind.

Nur die wenigsten Jungreben überleben das erste Jahr

Im Frühling ist es dann soweit: In einem Gewächshaus werden jeweils 150 Kerne in eine Kiste eingesetzt. Die warme Temperatur im Gewächshaus sorgt dafür, dass die Jungreben schon nach wenigen Tagen aus der Erde schauen und entsprechend schnell wachsen.

Bereits nach rund vier Wochen sind die jungen Reben gross genug, um im Feld draussen gepflanzt zu werden. Und dort beginnt die erste grobe Selektion: Um herausfinden, welche Pflanzen über eine gute Krankheitsresistenz verfügen, werden sie ohne Pflanzenschutz den ganzen Sommer im Versuchsfeld draussen stehen gelassen. Und im Herbst zeigt sich dann, welche Pflanzen über genügend Resistenzgene verfügen, um später als neue offizielle Rebsorte interessant zu sein. Meistens überstehen so nicht einmal 10 Prozent aller gepflanzten Sorten das erste Jahr.

Der lange Weg hin zu einer PIWI-Sorte

Damit ist jedoch die Selektion bis hin zu einer neuen Rebsorte noch lange nicht abgeschlossen: Die noch bestehenden Pflanzen werden weiter beobachtet. Im zweiten Jahr geht die Krankheitsselektion weiter und im dritten Jahr tragen die Reben dann erstmals Trauben.

Das ist der Zeitpunkt für eine erste Mikrovinifikation. Denn die Selektion nach Geschmack ist bei einer neuen Rebsorte genau so wichtig wie die Selektion auf Krankheitsresistenz. Nur Trauben, die auch gut schmecken und höchste Weinqualität erlauben, sind für die Winzerinnen und Winzer interessant. Und auch Ertrag, Wuchs und klimatische Anpassung müssen bei den neuen Sorten stimmen. Um herauszufinden, ob eine Sorte alle diese Faktoren erfüllt, dauert es mindestens zehn Jahre. Danach muss die neue Rebsorte beim Sortenschutz eingetragen werden und durchläuft den gesamten Prozess einer Sortenprüfung, was noch einmal etliche Jahre beansprucht. Erst dann kann sie im grossen Stil vermehrt und von Winzerinnen und Winzern angepflanzt werden.

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