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Wie schlagen sich neue PIWI-Sorten im Weinberg?

Der Schweizer Rebenzüchter Valentin Blattner züchtet jedes Jahr tausende neue PIWI-Reben (pilzwiderstandsfähige Sorten). Danach schaut er im Sämlingsfeld der Rebschule Borioli, wie diese wachsen und wie resistent sie gegen Krankheiten wie der Echte und Falsche Mehltau sind. Doch nur ein Bruchteil der Neuzüchtungen überlebt das erste Jahr. Denn die Anforderungen an die Resistenz von neuen PIWI-Sorten sind in den letzten Jahren immer höher geworden: Sie sollten so viele Abwehrmechanismen wie möglich haben und mit möglichst wenig Pflanzenschutzmittel auskommen.

Diejenigen Neuzüchtungen, die bezüglich Resistenz, Wuchs und Ertrag am meisten überzeugen, gibt Valentin Blattner für den Versuchsanbau an den Delinat-Winzer Roland Lenz weiter. Dort wird in einem sogenannten Muttergarten jede Sorte über mehrere Jahre hinweg beobachtet. Aus den Trauben werden auch in Mikrovinifikationen erstmals kleine Mengen Wein erzeugt.

Neuzüchtungen werden auf Herz und Nieren getestet

Die neugezüchteten PIWI-Sorten müssen viele Anforderungen erfüllen, um später auf dem Markt bestehen zu können. Austriebszeitpunkt, Reifezeitpunkt und Krankheitsresistenz sind wichtige Faktoren, die bei den robusten Rebsorten stimmen müssen.

Aber auch das Traubenmaterial der neugezüchteten PIWIs ist entscheidend: Sie müssen geschmacklich überzeugen und es werden unter anderem PH-Wert, Säure-Gehalt, Zucker-Gehalt (Oechsle-Grad) und Ertrag der Trauben gemessen.

Wie viele Sorte schaffen es auf den Markt?

All diese Faktoren spielen eine Rolle, ob die Sorte schlussendlich auch für weitere Winzer zum Anbau infrage kommt. Wenn eine neugezüchtete Sorte über mehrere Jahre hinweg überzeugt und konstant gute Erträge liefert, wird sie auf grösserer Fläche angepflanzt. Roland Lenz schätzt, dass von den 70 verschiedenen Sorten 4-5 Neuzüchtungen das Potential haben, auf dem Markt bestehen zu können.

Im Idealfall wird eine Neuzüchtung schlussendlich als offizielle, neue Sorte angemeldet. Wenn dieser Schritt erreicht ist, dürfen die Rebschulen die Sorte weiter vermehren. Winzer können dann bei ihnen Jungpflanzen kaufen, um sie in ihrem Weinberg anzupflanzen.

Blog-Beitrag von Olivier Geissbühler

Transkript
Bis man von einer Sorte 200 Reben macht, muss man schon sehr überzeugt sein grundsätzlich. Ich schätze jetzt, dass hier drin das Potential von 4-5 Sorten sind, die auf dem Markt bestehen können, eindeutig. Das funktioniert eigentlich so, dass der Valentin vor allem für die eigentliche Züchtung, für diese Arbeit eigentlich, verantwortlich ist. Er mit seiner riesigen Erfahrung weiss eigentlich, was er für die nächsten Schritte an Mutter-Sorten und Vater-Sorten sucht, macht dann diese Züchtung, und wenn das funktioniert, gibt es dann Samen, und diese Samen zieht dann der Rebschulist, das ist Philippe Borioli, in einem Sämlingsfeld als erster Schritt die Eltern - also die Mutterrebe - auf. Und wenn man diese selektioniert hat, kommen die richtigen Hoffnungsträger also die richtigen Zukunfts-Reben, kommen dann in einen richtigen Muttergarten rein und das sieht man hier. Hier haben wir - Aus der Mutterrebe heraus, kann man in einem ersten Schritt 5-10 Reben machen, die genetisch genau gleich sind. Das ist so ein Zwischenschritt, das haben wir auch bei uns. Wenn man dann aber weitergeht, also wenn man wirklich einer Sorte vertraut, Dann kann man aus diesen 5-10 Reben plötzlich eben 100 oder 200 Reben machen, und das sieht man jetzt hier, also da ist eine ganze Reihe, da hat es 200 Reben drauf. Ist eigentlich dieselbe Neuzüchtung, natürlich erst eine Nummer. Und man sieht jetzt hier, das sind dreijährige Reben, ja - was hier jetzt daraus resultiert. Es ist unverkennbar: Die Muttersorte war Cabernet Sauvignon, weil auch die Traube ist so ein bisschen der Cabernet-Typ. Und da können wir jetzt dieses Jahr das erste Mal ein Barrique, oder vielleicht gibt es auch mehr - also im grösseren Stil eigentlich, Wein machen, den wir dann auch an die Leute herantragen. Und bei den ersten Mikrovinifikationen, auf was achtest du da? Auf erste Geschmacksnoten? Oder auf die Farbe? Was sind da so Kriterien, die du dir anschaust? Es fängt natürlich an mit dem Erntezeitpunkt. Es sollte schlussendlich eher eine Traubensorte sein, die nicht allzu frühreif wird tendenziell, weil wir haben einfach die Situation, dass wir jedes Jahr noch früher werden, von der Klimaerhitzung her. Die Farbe: Die Farbe ist eigentlich für mich jetzt nicht unbedingt matchentscheidend. Ich glaube, es gibt heute Platz für alles. Und sie sollte eigentlich fast nicht zu dunkel sein, also wirklich extrem violett, wie zum Beispiel "Cal 1-36", die wir auch haben, der ist so violett, also da sind auch die Zähne dann violett, wenn man das trinkt, das ist schon fast ein bisschen unangenehm. Wir schauen natürlich, dass vom PH-Wert her, wenn man das analytisch anschaut, dass wir dort in einem guten Rahmen drin sind, also dass der nicht zu hoch ist vor allem. Und dann schauen wir, dass auch der Säure-Wert in einem gewissen Band drin ist. Und natürlich auch die Oechsle, also der Zuckergehalt: Ja, da gibt es verschiedene Tendenzen, es hat Platz für alles, es hat Platz für eine Traubensorte, die nicht so viel Zucker macht, dann könnte man eben alkoholarmen Wein machen. Und dann hat es aber auch Platz für eine Traubensorte in unserem Klimagebiet, die viel Zucker macht, wo wir sehr kräftige Weine erzeugen können. Alles in allem ist doch auch die Robustheit extrem wichtig, wichtig ist, dass sie nicht allzu früh austreibt, Und eben in all den Jahren mit der Trockenheit, im Zusammenspiel mit der Unterlage, dass sie diese Trockenheit irgendwie gut übersteht. Oder dann auch den Angriff von Schädlingen, hatten wir gerade noch diskutiert, die Kirschessigfliege zum Beispiel, oder auch andere, dass die Beerenhaut so dick ist, dass sie diesen Angriffen widersteht, ganz automatisch aufgrund der Dicke der Zellwände. Und wie viele Sorten sind jetzt hier in diesem Garten und wie viele, denkst du, haben ein grosses Potential, dass sie einmal auf dem Markt landen? Jetzt in diesem Muttergarten haben wir ungefähr 70 verschiedene Sorten. Und von ca 6 haben wir schon mehr Pflanzen, also sprich eben bis zu 100. Und das ist bereits so ein Schritt: Also bis man von einer Sorte 200 Reben macht, muss man schon sehr überzeugt sein grundsätzlich. Ich schätze jetzt, dass hier drin das Potential von 4-5 Sorten sind, die auf dem Markt bestehen können, eindeutig. Und was ist da jetzt so der Zeithorizont wie lange dauert es noch, bis dann auch andere Winzer diese Sorten kaufen können? Wir werden das jetzt einmal mit Valentin anschauen, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir bereits nächstes Jahr, eigentlich auf die Pflanzensaison 2024 andere Winzer einbeziehen können. Weil wir haben genug Pflanzenmaterial mittlerweile, also Holz, um genetisch identische Reben zu produzieren. Und dann könnten wir auch andere Winzer einbeziehen, die in anderen Klimagebieten sind. Und für welche Klimagebiete eignen sich die Sorten, welche jetzt hier stehen? Könnte man die auch im Süden anpflanzen oder sind die eher auf Schweizer, Deutschland-Weinbauregionen beschränkt? Ja ich würde schon eher sagen, dass die meisten Sorten - ich meine im Süden kann man sie schon anbauen, aber die Frage ist schon, ob die dann vielleicht wieder zu früh reif werden. Es ist wirklich so, dass eigentlich in diesem Band, wo wir uns jetzt bewegen, also Österreich - könnte natürlich gleichwohl auch, ich sag jetzt mal, nördlich des Burgunds, Frankreich - Champagne und so weiter, Elsass, Süddeutschland, also überhaupt Deutschland, und natürlich auch der ganze Norden könnte von diesen Sachen profitieren.

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