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PIWIs in Italien – die Antwort auf den Klimawandel?

Blogbeitrag von Olivier Geissbühler

In Spanien kämpften diesen Sommer viele Weingüter mit der andauernden Trockenheit, während im Bordeaux-Gebiet ein Grossteil der Ernte durch den Falschen Mehltau zerstört wurde. Und wie war die Situation in Italien?

Leider auch nicht sehr rosig: Schätzungen zeigen, dass es zumindest mengenmässig eine der schlechtesten Ernten in der Geschichte des italienischen Weinbaus werden könnte. Verantwortlich für die magere Ernte in Italien ist die gesamte Palette an Extremwetterereignissen, welche der Klimawandel mit sich bringt: Hitze, Brände, Stürme, Hagel, Überflutungen und grassierende Rebenkrankheiten.

In Süd- und Mittelitalien war es zu Sommerbeginn aussergewöhnlich feucht. Dies hat zu einem grossen Druck von Falschem Mehltau und damit zu Ertragsverlusten zwischen 20% und 70% geführt. Danach wurde es schlagartig aussergewöhnlich heiss: Bei Temperaturen von bis zu 45 Grad Celsius wurden die heranwachsenden Trauben zum Teil wortwörtlich gekocht. In Sizilien wüteten riesige Brände, welche auch Weinberge zerstörten.

In der Region Emilia-Romagna wiederum hatten die Winzerinnen und Winzer zum Teil mit verheerenden Überschwemmungen zu kämpfen. Am besten sah noch es in den nördlichen Weinbaugebieten Italien aus. Im Piemont, Veneto und in der Lombardei gab es zwar lokale Hagelstürme, aber keine flächendeckenden Ernteausfälle.

Einen ausführlichen Artikel zu den aktuellen Entwicklungen von robusten Rebsorten in Italien findest du im Weinlese-Blog.

Auch Italien hat die Relevanz von PIWI-Sorten erkannt

Den meisten Extremwetterereignissen sind die Weinbauern schutzlos ausgeliefert. Doch präventiv gibt es verschiedene Massnahmen, mit welchen die Schäden abgefedert werden können. Bezüglich Krankheitsdruck sind neue robuste Rebsorten eindeutig der effizienteste Hebel für stabile Erträge.

Lange wurden die pilzwiderstandsfähigen Sorten vor allem für nördlichere Weinregionen wie Deutschland oder die Schweiz als interessant eingestuft. Doch dies hat sich mittlerweile geändert. Auch in Ländern wie Spanien und Italien wurde die Notwendigkeit von robusten Rebsorten erkannt. Dieses Jahr hat einmal mehr gezeigt, dass der Falsche Mehltau bei bestimmten Wetterverhältnissen sogar ganz im Süden Italiens grossen Schaden anrichten kann. Somit ist klar: PIWI-Sorten werden in Zukunft für sämtliche Weinregionen Europas interessant werden.

Obwohl erst rund 2000 Hektar in Italien mit PIWI-Sorten bepflanzt sind, gewinnt die Entwicklung nun rasant an Schwung. Es werden auch in Italien fleissig neue Traubensorten gezüchtet, welche über Resistenzen gegen den Falschen und Echten Mehltau verfügen. Im nationalen Rebsortenregister Italiens sind derzeit bereits 37 PIWI-Sorten eingetragen, die für die Weinherstellung zugelassen sind. Mit dabei sind auch die PIWI-Sorten Cabertin, Pinotin und Cabernet Blanc des Schweizer Rebenzüchters Valentin Blattner. Dieser schnelle Anstieg seit der ersten Zulassung der PIWI-Sorte Regent im Jahr 2009 zeigt, wie gross das wachsende Interesse an PIWI-Sorten ist.

Hast du schon einmal einen PIWI-Wein aus Italien probiert? Schreibe deine Erfahrungen in die Kommentare!

Transkript
Schauen wir einmal zurück in die Vergangenheit: Als wir vor vierzig Jahren mit dem Bio-Weinbau begonnen haben, hatte es auch keine Zukunft, es glaubte niemand daran. Die Region der Poebene ist berühmt für ihr schwüles Klima. Das bedeutet eine hohe Luftfeuchtigkeit und Hitze. Es gibt auch Regenfälle aufgrund von Gewittern, die aus Richtung der Schweiz kommen. Sie kommen vom Gardasee her und benetzen oft die Ebenen. Wegen hohen Temperaturen, hoher Luftfeuchtigkeit und kalten Strömungen haben wir hier sämtliche Rebenkrankheiten. Wir haben hier oft den Falschen Mehltau und der Echte Mehltau fordert uns ebenfalls heraus. Das ist einer unserer Piwi-Weinberge. Es ist ein Versuchsweinberg mit der ersten Generation von italienischen PIWI-Sorten. Hier steht die Sorte Fleurtai und weiter hinten haben wir einen Klon der Sorte Soreli. Das hier ist ein Abschnitt mit weissen PIWI-Traubensorten. Der Weinberg ist jetzt rund 10 Jahre alt und auf experimenteller Ebene ist das sehr interessant. Wir schaffen es, nur etwa fünf Behandlungen pro Jahr durchzuführen. Die Sorte ist sehr widerstandsfähig gegen Falschen Mehltau, aber etwas weniger gegen Schwarzfäule. Deshalb machen wir diese 5 Behandlungen, um die Trauben gegen Schwarzfäule zu schützen. Denn gegen diesen Pilz hat die Rebsorte keine Resistenz. In einer zweiten Parzelle haben wir einen Versuch mit Merlot: Dieses Jahr haben wir uns dafür entschieden, die Reben neu aufzupfropfen, denn wir hatten grosse Probleme mit Schwarzfäule. Wir pfropfen jetzt auf die Neuzüchtung Merlot Kanthus um. Die PIWI-Weine sind ein bisschen anders als die typischen Weine von hier. Die weissen PIWIs kann man mit der traditionellen Sorte Tocai vergleichen, mit sehr aromatischen Noten, oder einem gut strukturierten, gehaltvollen Sauvignon Blanc, weil diese Trauben einen hohen Zuckergehalt haben. Es ist möglich, Weine mit über 13 Volumenprozent zu erhalten. Sie reifen recht früh und haben schnell einen hohen Zuckergehalt, deshalb werden sie ziemlich früh geerntet. Also vom 20. August bis Anfang September, je nach Jahrgang. Meiner Meinung nach ist Fortentwicklung nur mit Forschung möglich. Wenn sich die Forschung wieder mehr auf die biologische Philosophie konzentriert, wird es interessant, denn es braucht keine neue Gentechnik, sondern die Erforschung dessen, was bereits existiert. Dies gibt uns die Möglichkeit, sich auch auf der Ebene der Ökologie weiterzuentwickeln. Die aktuellen Entwicklungen stossen auf grosses Interesse, denn wir Produzenten sind sehr aufmerksam, was die Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln in den Weinbergen betrifft. Viele Unternehmen investieren in diesen Bereich. Wir planen auch neue PIWI-Pflanzungen für das nächste Jahr und Es gibt diesbezüglich eine Entwicklung im agronomischen Bereich. Mit dem Ministerium arbeiten wir daran, dass wir die Identität dieser Rebsorten angeben dürfen, eine geografische Angabe, die wahrscheinlich ab dem Jahrgang 2024 erlaubt sein wird, dass auch resistente Sorten mit Namen angegeben werden können. Im Gespräch ist auch die DOC, die kontrollierte Ursprungsbezeichnung, das wird jedoch erst später kommen. Delinat hat die Möglichkeit, PIWI-Sorten z. B. auf europäischer Ebene zu koordinieren. Sie haben den Schlüssel zum Erfolg. Was uns betrifft, so waren wir schon immer sehr aktiv im Experimentieren. Für uns ist das ein Allheilmittel, es gibt uns Energie. Denn wir sind kein Weingut, dass einfach nur ein Wein hat, wir haben - ohne andere Weinregionen zu beleidigen - nicht einfach nur einen Chianti- oder Bordeaux-Wein. Wir machen 30 verschiedene Weine aus verschiedensten Rebsorten, wir sind ständig Neues am erforschen. Wir wollen all das weiterentwickeln, welches uns das Terroir zur Verfügung stellt. Das ist das Wichtigste. Wenn die Möglichkeit besteht, diesbezüglich unser Wissen zu erweitern, wieso nicht? Wir sind da und machen das sehr gerne.

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