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Biodiversität in der Pfalz: Das Delinat-Weingut Pflüger in Bad Dürkheim

Biodiversität in der Pfalz: Das Delinat-Weingut Pflüger in Bad Dürkheim

Delinat-Winzer im Porträt: Emil Hauser von Delinat besucht den Winzer Alexander Pflüger in Bad Dürkheim. In einem Rundgang durch den Weinberg erklärt der innovative Weinbauer seine zukunftsgerichteten Methoden und spricht über die grossen Herausforderungen im Sommer 2021.

Die Weinberge von Alexander Pflüger mit Bäumen, Sträuchern, vielseitigen Begrünungen und Trockenmauern haben eine reiche Biodiversität und bieten Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten. Die Vielfalt im Weinberg sorgt für eine stabiles Ökosystem und macht schlussendlich auch die Reben resilienter gegen Krankheiten und Schädlinge.

Transkript
Ich bin Alex Pflüger, Bio-Winzer / Delinat-Winzer in der zweiten Generation, beides in der zweiten Generation. Mein Vater hat ganz früh schon angefangen mit dem Öko-Weinbau und hat auch die ersten zarten Bande geknüpft mit Delinat. Und ja, ich hab dann das so übernommen, ausgebaut und auch die Fläche im Betrieb nach und nach erweitert. Und wir stehen jetzt hier in einer Fläche, die uns wirklich sehr am Herzen liegt die jetzt neu dazugekommen ist in den letzten 10-12 Jahren. Wir sind hier im Dürkheimer Fuchsmantel. Ist eine sehr gute und renommierte Lage bei uns in der Region, weil sie auch sehr speziell ist und sehr authentisch irgendwo, später dann im Wein, denn wir haben hier eine bisschen höhere Lage, wir sind bei 220 Metern, wir haben hier direkt den Wald um uns herum. Das sorgt natürlich für ein sehr spezielles Klein-Klima hier auch. Und was mir besonders gut gefällt, zum Thema Biodiversität, hast du hier im Grund alles. Wir haben natürlich auch Flächen in der Ebene, wo wir Biodiversität erst - sag ich jetzt mal - hinbringen müssen. Über Begrünung, über Hotspots, und so weiter, alles was man da machen kann an Massnahmen. Während du hier im Grunde schon fast alles von der Natur serviert bekommst. Hier hast du Hecken, Büsche, Sträucher, hier sind verschiedene Steinhaufen. Und dann eben plus unsere Arbeit, die wir hier machen. Dreieinhalb - Vier Hektar, die wir mittlerweile hier haben. Vorne, Richtung Süden, sogar terrassiert, wo wir dann auch noch die Steinmauern haben. Also die Fläche bietet irgendwo alles, am Ende kommt auch ein guter Wein heraus, das ist natürlich dann auch noch mal wichtig. Vom Boden hier, Bunt-Sandstein, ganz typisch für die Mittel Haardt, wo wir uns hier ja befinden. Zitronige, frische, leichte, elegante Weine und die trinken wir gerne und wir sind einfach auch gerne hier, ich finde der Ort hat eine tolle Energie. Dieses Jahr stellt uns deshalb vor eine grössere Herausforderung, weil wir unglaublich viel mehr Niederschlag haben als die Jahre davor. Allein im Juni ist die fünffache Menge gefallen des normalen monatlichen Niederschlags im Juni, und damit müssen wir natürlich umgehen. Ein grosses Thema ist eben dann die Peronospora, die sich halt bei feucht-warmem Wetter wohlfühlt und unsere Strategie ist eben, unsere Pflanzenschutz-Applikationen immer vor dem nächsten Regen zu setzen, damit die Pflanze da schon mal auch ein Schutz hat. Wir sprechen eigentlich eher von Pflanzen-Gesundheit. Also davon gehen wir jetzt erstmal aus, und da gibt es verschiedene Bausteine, um das zu erreichen. Und natürlich ist ein Baustein der Pflanzenschutz, also die Applikation von Kupfer und Schwefel, oder auch von anderen Naturstoffen, Gesteinsmehlen, Pflanzen-Extrakten, um die Pflanzen zu schützen. Aber ich denke, man muss noch einen Schritt zurück auch gehen, und was wir anstreben, ist eben ein Weinberg oder eine Pflanze, die eine grosse Resilienz auch hat, also von sich aus so eine Fähigkeit mit Stress umzugehen, eine Stress-Toleranz. Und das schaffen wir einfach, indem die Pflanze harmonisch wachsen kann, indem wir eine möglichst grosse Biodiversität anstreben, um dieses Ökosystem Weinberg stabil zu halten. Und wenn wir das erreichen, das ist wie bei uns ja auch, wenn wir uns wohl fühlen, wenn wir - nochmal, auch wesensgemäss irgendwie sein können in unserem Umfeld, und dann unterstützen wir nur noch mit dem Pflanzenschutz, das ist quasi so das letzte Puzzle-Teilchen im Gesamtbild, um dann die Pflanze am Ende gesund zu halten, da wollen wir hin. Und das Spezielle hier an der Lage jetzt, Fuchsmantel, da haben wir das auch in normalen Jahren, es ist ein bisschen herausfordernder, denn wir sind ja hier direkt am Wald gelegen, und da hast du frühmorgens immer eine Tau-Situation, also du hast frühmorgens immer hier auch feuchte Blätter, was so ein bisschen ein Nährboden ist für die Peronospora. Also das ist sicher auch eine Fläche, wo man ein bisschen lernen kann und schon mal ein Gefühl bekommt, ob das jetzt ein gefährliches Jahr ist, was die Peronospora angeht, oder ob wir hier entspannt durchsegeln. Das sind so die Herausforderungen dieses Jahr. Dieses Umfeld, was wir hier haben - wenn der Wald jetzt nochmal einen halben Kilometer weiter entfernt wäre von der Fläche, wäre es vielleicht ein bisschen entspannter, wenn die Fläche etwas exponierter wäre. Da haben wir auch Flächen hier, den Michelsberg oder den Herrenberg, die stehen wirklich prall in der Sonne, da haben wir die Situation nicht so ganz. Man kann halt nicht alles haben. Hier in dieser Fläche, Fuchsmantel, erntest du ganz tolle, feine, elegante Weine. Und da ist der Wald wichtig, denn er kühlt auch hier die Temperaturen in der Nacht runter, so dass die Säure erhalten bleibt. Und insofern nehmen wir das dann eben in Kauf, dass hier auch ab und zu mal eine Tau-Situation am Morgen ist, was für die Peronospora wieder günstig ist, also es gibt nicht diesen Königsweg, irgendeinen Tod muss man ab und zu mal sterben, Wenn man aber weiss, was auf einen zukommt, kann man sich einstellen, und ich möchte die Lage hier auf keinen Fall missen, also das ist ein wirkliches Kleinod. Hier sind wir auf dem Herrenberg von Ungstein, ihr habt hier ein wunderbares Naturparadies mit Feigen und anderen Hotspots, Habt ihr den gesetzt oder ist der einfach so gewachsen? Nee, den haben wir gepflanzt. Also wir sind ja hier in der Pfalz, und da wachsen Feigen - auch Zitronen übrigens - also ist eine sehr warme Region. Und das hat sich hier angeboten, ist ja eine schöne Fläche hier der Herrenberg, im Grunde an sich auch schon wieder so ein Biodiversitäts-Hotspot. Und wir wollen eben nicht nur Reben, wir wollen auch den Feigenbaum haben, hier unten hat es noch ein paar Kirschbäume, es gibt hier schöne Sträuche und Büsche. Und das alles, dieses Zusammenspiel, macht dann hier diese Fläche auch wieder aus. Die kann man sicher auch essen, oder? Absolut, ja deshalb. Also unsere Erntehelfer, die kommen gerne hier her, weil man hier einen schönen Ausblick hat in die Rhein-Ebene runter, und man kann hier ein paar Feigen essen und übrigens, jetzt auch zu der Zeit, Kirschen. Das sind Süsskirschen. Also die Leute arbeiten auch gerne hier, um dann in der Pause hier ein paar Kirschen zu essen. Ich sehe, hier hast du eine Begrünung eingebracht, verschiedene Sorten, oder was hast du hier speziell gemacht? Ja, wir haben dieses Jahr im Frühjahr vier verschiedene Begrünungsmischungen ausprobiert, die haben wir selbst zusammengestellt, immer mit einem hohen Leguminosen-, also Klee-Anteil, und wollten einfach mal für uns auch testen, welche Begrünungspflanzen - also immer 15-20 Begrünungsarten waren da drin - wir wollten einfach mal sehen, was auf welchem Boden funktioniert, was da kommt. Und was wir hier schön sehen, dieses schön rosa Blühende, ist eine Esparsette, ist bekannt dafür, dass die eher auf kalkhaltigen Böden auch wächst, also auf Sandböden findet man sie fast gar nicht. Dann haben wir hier noch ein bisschen Wicke: Die blüht so ein bisschen lila, ein bisschen dunkler. Das ist eigentlich so ein Allrounder, die findet man überall. Und der Boden hier ist eben etwas karger, Herrenberg, also alles was hier wächst, muss kämpfen. aber das, was dann am Ende rauskommt, speziell auch beim Wein, ist immer super. Was versprichst du dir von der Begrünung? Die Begrünung hat viele Vorteile, sie schafft uns eine gute Humus-Schicht. Durch das Wurzelwerk kriegen wir einen lockeren Boden, die Nährstoffe, die die Pflanze braucht, werden zum Teil über diese Begrünung auch erzeugt, oder auch gehalten. Einen Erosionsschutz haben wir natürlich, weil hier geht es auch ein bisschen steil runter. Und es ist natürlich auch eine wahnsinnige Attraktionsfläche für Insekten, Nützlinge aller Art, und am Ende auch einfach farbenfroh, und es ist einfach auch schön, wenn ein Weinberg bunt ist, in Regenbogenfarben, hätte ich fast gesagt, leuchten kann und es ist einfach dann ein schönerer Arbeitsplatz. Also der Boden hier ist nochmal ein bisschen tiefgründiger, speichert das Wasser nochmal etwas besser wie jetzt ein Stück weiter drüben, wo wir eben waren, und dann ist drüben auch die Lage auch ein bisschen sonnenexponierter, also es trocknet schneller ab, während wir hier, auch durch den Hang, durch diesen Rech, mit der Begrünung hier und mit den Büschen und Bäumen haben wir ein bisschen eine Schattensituation auch. Und vor allem ist wie gesagt der Boden deutlich tiefgründiger nochmal. Und kann man die essen, diese Pflanzen? Ja, ich sage immer, bringt euch Essig und Öl, greift hier einmal rein, und dann kann man hier einen Salat machen. Also das ist wirklich toll zu sehen, und auch wenn man jetzt hier steht, wie satt und wie voll diese Begrünung da steht, es macht richtig Spass, da reinzugreifen und das zu riechen und zu schmecken, also das ist Natur in einer ganz tollen Facette, und das mag ich super gern. Nicht halluzinogen? Nein, nein, nicht bewusstseinserweiternd. Wir sehen hier eine Trockensteinmauer, die leider nicht mehr intakt ist. Ihr hattet ja sehr viel Regen, was ist da voraussichtlich passiert? Ja, also die Mauern hier sind trocken gemauert. Das heisst, nur mit den Steinen, ohne Verbundsstoffe. Und die sind zum Teil 50-60 Jahre alt. Und die sind eben hier, in diesen Quer-Terrassen sehr wichtig, die stützen den Berg. Aber bei sehr viel Niederschlag, was wir jetzt die letzten 10-12 Tage hatten, dann kann sich hinter diesen Mauern auch ein bisschen Feuchtigkeit ansammeln, und drückt praktisch diese Trockenmauern dann nach vorne und schiebt, und so dass sie dann auch mal brechen können, so wie das hier der Fall ist. Und ihr könnt die wieder selbst aufstellen, oder müsst ihr da jemanden kommen lassen oder wie ist das? Weil das ist ja eine Technologie für sich... Ja, es ist eine spezielle Technik, wie ich sage, weil es komplett ohne Verbundsstoffe, nur mit den Steinen die Mauer aufgebaut wird. Und wir haben Gott sei Dank noch einen alten Mitarbeiter bei uns im Team, der gelernter Steinmetz auch ist, und der hilft uns dabei und wir reichen die Steine an und der ist wirklich perfekt, also da bleibt am Ende kein Stein mehr übrig. Also der baut die wieder auf, aber ist halt viel Arbeit. Und wir sind jetzt im Moment im Sommer noch mit dem Laub beschäftigt, also wir werden jetzt hier das ein bisschen sortieren, ein bisschen in Ordnung bringen, und dann im Spätjahr die Mauer wieder aufbauen. Für diese 3 Meter etwa eine Woche oder was schätzt du? Eine Woche, gut eine Woche. Ist verrückt, sie ist etwa 2.50 Meter hoch oder? Ja. Also sieht nicht nach viel aus, aber du musst sie wieder aufbauen, weil natürlich dann auch auf der Seite, die sind dann auch instabil und dann kommt nach und nach die ganze Mauer runter und dann rutscht der Hang hinterher, also das ist schon nicht ohne. Wir müssen hier auf jeden Fall stabilisieren und zwar noch vor dem Winter, weil du im Winter auch wieder viele Niederschläge hast. Und davor muss die Mauer wieder stehen. Hier stehen wir vor unserem Lebensturm, ein überdimensionales Insekten-Hotel. Und da sind wir besonders stolz drauf, weil es halt so ein bisschen unseren Gedanken der Biodiversität auch symbolisiert. Und ich habe dieses Konstrukt vor einigen Jahren zusammen hier mit einem Kollegen und Freund, der beim NABU auch aktiv ist, zusammen installiert. Die Idee kam mir allerdings beim Zoo-Besuch mit unseren Kindern. Da waren wir im Zoo, und da habe ich dieses Ding im Kleinformat gesehen. Und dachte sofort, das ist eine super Geschichte, sowas brauchen wir auch und vor allem im Weinberg speziell, in Weinbergen, die - sag ich jetzt mal - eher monokulturell ausgelegt sind, hier haben wir ja eigentlich schon alles. Nichtsdestotrotz wollten wir das als Symbol hier hinbauen. Und haben dann gesagt komm, am Herrenberg so ein Lebensturm, wo eben verschiedene Insekten, Vögel, Käfer, Fledermäuse, bestimmte Eulen - die Weinbergseule nistet hier auch, hier einfach eine Zuflucht finden, und ist einfach auch eine schöne Idee und wie gesagt, finde ich auch einen sehr guten Impuls, so in diese Fläche rein.

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