Welche Resistenzmechanismen sind in einer neugezüchteten Traubensorte vorhanden? Lohnt es sich, sie weiterzuverfolgen? Um solche Fragen beantworten zu können, arbeitet der Schweizer Rebenzüchter Valentin Blattner mit einem Labor zusammen. Das Unternehmen IDENTXX in Stuttgart hat sich auf molekularbiologische Tests spezialisiert und kann mit der Resistenzgenanalyse bei PIWI-Züchtungen herausfinden, welche Resistenzmechanismen bei einer neuen Rebsorte vorhanden sind. So kann bestimmt werden, welche pilzwiderstandsfähigen Neuzüchtungen (PIWIs) für die Zukunft besonders vielversprechend sind. Bei der Züchtung von neuen robusten Sorten spart das viel Zeit.
Es werden also Blattproben von den Neuzüchtungen ins Labor geschickt, welche anschliessend mechanisch zerkleinert werden. Anschliessend wird aus den zerkleinerten Blättern Schritt für Schritt die DNA hinausgelöst. Diese DNA wird dann ausgewertet. Im Video erklären die Experten von IDENTXX, wie diese sogenannte Fragmentlängenanalyse genau funktioniert und was die PCR-Methode (Polymerase Chain Reaction, deutsch: «Polymerase Kettenreaktion») damit zu tun hat.
Am Ende der Resistenzgenanalyse kriegt Valentin Blattner eine Übersicht mit den Neuzüchtungen und den jeweiligen Resistenzen. Je mehr verschiedene Resistenzmechanismen eine PIWI-Sorte aufweist, desto robuster ist sie auch draussen im Weinberg. Pilzkrankheiten wie der Echte und der Falsche Mehltau müssen so mehrere Barrieren überwinden, um die Pflanze befallen zu können. Dies sorgt dafür, dass die pilzwiderstandsfähigen Sorten fast ohne Pflanzenschutzmittel auskommen und trotzdem gesund bleiben.
Das was wir hier jetzt anwenden, ist einfach eine Beschleunigung in der Zeit,
die auch notwendig ist,
damit die neuen Sorten - die resistenten, robusten Sorten - schneller draussen beim Winzer ankommen.
Mein Name ist Frank Brändle,
und ich bin der geschäftsführende Gesellschafter von der IDENTXX GmbH hier in Stuttgart.
Wir sind seit 2009 hier an dem Standort aktiv,
ich habe das Unternehmen gegründet
und wir sind
im Bereich der Pflanzen-Analytik unterwegs,
molekulare Analysen,
haben auch verschiedene Schwerpunkte,
pathologische - also wir untersuchen die Pilze,
untersuchen aber auch Pflanzen,
und unsere Grundlage ist die molekulare Analyse, das heisst
wir untersuchen das Erbgut, was in der Pflanze drin steckt.
Wir machen für den Valentin die Fragmentlängenanalyse
- langes Wort-
um seine Qualitätsmerkmale von seinen Resistenzzüchtungen zu überprüfen.
Das ist von dem her wichtig, dass er nachher entscheiden kann,
welche Züchtungslinien,
oder Sorten, beziehungsweise Nachkommen, er weiter
verwenden möchte.
Und da geht es darum, das ist eine
hochspezialisierte Analyse, um genau zu sagen
welcher genetische Hintergrund, welcher Resistenzmechanismus ist in diesen Nachkommen vorhanden.
Und da haben wir das System für ihn etabliert und machen das schon seit einigen Jahren für ihn
und das können wir hier alles im Labor machen,
das heisst, wir bekommen Blattmaterial,
das ist schon vorgefertigt,
in so kleinen Boxen,
und führen dann eine komplette Laboranalyse hier durch.
Wenn die Proben bei uns ankommen, dann müssen wir irgendwie an das Erbgut rankommen.
Das heisst, wir werden erst das Blattmaterial
mechanisch zerkleinern, dass wir schon einmal ganz grob
rankommen an das Erbgut, das heisst, wir
geben hier Stahlkugeln...
... zum Blattmaterial ...
... der Deckel kommt wieder oben drauf.
Und dann haben wir hier eine Schwingmühle, die mit
einer sehr hohen Frequenz jetzt die Kugeln
hin und her schüttelt.
Und dadurch wird das Material mechanisch zerkleinert.
Das ist jetzt ein sehr lauter Prozess.
Und dann schaut man sich das mal an,
ob das gut funktioniert hat. Also man sieht es hier bei dem,
es ist wunderbar klein gemacht das Material.
Jetzt nehme ich den Deckel wieder ab
Und jetzt wird auf das mechanisch aufgebrochene oder zerquetschte Material,
kommt jetzt ein spezieller Puffer, eine Chemikalie,
die Detergenzien enthält, das heisst
wie Seife, Varianten von Seife im Endeffekt und Alkohole,
die dafür sorgen, dass die restlichen Zellen aufgebrochen werden, die Zellkerne frei liegen
und die DNA, also das Erbgut, dann freigestellt wird.
Das mache ich da drüben an der Arbeitsstation.
Dann habe ich hier den speziellen Puffer
Bisschen Arbeitserleichterung durch eine elektrische Multipette.
Das kommt wieder zurück.
Und dann inkubiert man das,
also man lässt es bei Raumtemperatur einfach stehen.
Und im Falle von Vitis reichen tatsächlich schon 10 Minuten.
Noch länger ist sogar eher kontraproduktiv, da ja die Rebe
so viele Störstoffe, oder sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe enthält,
dass, wenn man es noch länger stehen lassen würde,
dann würden zu viele von diesen Störstoffen mit rausgelöst werden,
deswegen nach 10 Minuten reicht das in dem Fall vollkommen.
Dann - man sieht es schon leicht, einige färben sich leicht hellgrün
Das haben wir jetzt hier schon vorbereitet.
Das wird dann im Endeffekt
so aussehen, das heisst, noch ein bisschen dunkelgrüner.
Die sekundären Stoffe sind gelöst, alles mögliche ist herausgelöst, und vor allem in der Lösung,
da schwimmt jetzt das Erbgut, die DNA, an die wollen wir ja ran.
Nur ist sie hier in dem Fall jetzt natürlich noch gemischt mit allem anderen, was in der Pflanze drin ist.
Und dazu, um das zu entfernen, dass wir wirklich möglichst reine DNA bekommen,
weil wie reiner die DNA, desto besser die Ergebnisse nachher,
um die aufzureinigen,
entfernen wir jetzt diese Störstoffe, indem wir die DNA, das Erbgut
an magnetische Partikel binden,
und dann kann man mit einem Magneten
diese Partikel immer aus der Lösung rausziehen
und in einen Waschpuffer geben
dann dort wieder rausziehen mit dem Magneten, in den nächsten Waschpuffer
und so weiter. In dem Fall haben wir jetzt 4 Wasch-Schritte, wo unterschiedliche
Störstoffe jeweils entfernt werden, einmal die Zuckerreste, einmal die Polyphenole, und so weiter.
Und am Schluss hat man - so gut es geht -
relativ reine DNA, relativ reines Erbgut, mit dem man dann weiter arbeiten kann.
Wenn die Inkubation vorbei ist, das heisst, wenn die DNA
mit allen anderen Stoffen, die in der Pflanze vorhanden waren, in der Lösung herumschwimmt,
Dann ... nehmen wir ein Teil davon ab.
Hier drin
sieht man auch dieses braune, das sind diese magnetischen Partikel.
und da bindet jetzt die DNA dran.
Und was man dann als nächstes macht, ist:
Wir haben da eine halbautomatisierte Extraktion,
die im Endeffekt
nichts anderes macht,
als mit diesen beweglichen Magneten
immer in die Lösung rein fährt
und dann diese magnetischen Partikel, an dem die DNA dran hängt, rauszieht
und in die nächste Lösung bringt. Die nächste Lösung wäscht
dann ein Verschmutzungsteilchen ab,
dann wird es wieder rausgefischt,
kommt in die nächste Lösung, und so weiter, dass das Produkt immer sauberer wird.
Nach 40 Minuten hat man dann saubere DNA,
mit der wir dann die PCR, also Vervielfältigung
der gewünschten Fragmente
aus dem Genpool dieser Pflanzen haben.
Was wir jetzt gleich machen ist, wir transferieren
Flüssigkeiten, sogenanntes Liquid Handling.
Für jede PCR gibt es ein genaues Mischungsverhältnis, wie wir das zusammenmischen müssen.
Eine PCR besteht zunächst einmal primär aus Wasser,
das wird dann aufgenommen und ins Gefäss abgegeben.
Nach jedem Arbeitsschritt wird dann die
Pipette abgeworfen, dass man für den nächsten Schritt wieder sauberes Material hat.
Als nächster Schritt kommt hinzu,
die sogenannten Primer,
das sind kurze DNA-Stücke,
die sind für die
PCR besonders wichtig, weil die machen die Spezifität der PCR aus.
Da braucht man jetzt wesentlich weniger,
wie das Wasser,
und wie man sieht, das ist alles Handarbeit...
... und Fingerspitzengefühl.
Eine weitere wichtige Komponente ist
dieses hier, da ist das Enzym mit drin.
Enzyme sind die biologischen Arbeitstiere, das sind Proteine, die diesen Prozess der PCR überhaupt ermöglichen.
So, fertig ist der sogenannte Mastermix:
Eine klare, unscheinbare Flüssigkeit, die aber sehr viel Arbeitskraft in sich hat.
Der Arbeitsschritt ist jetzt hiermit beendet,
und es geht in der nächsten Kabine dann weiter.
Diesen Mastermix, den wir vorher angesetzt haben, den verteilen wir jetzt auf die einzelnen
Reaktions-Whirls, so nennt man das ganze,
und wenn das dann verteilt ist, kommt nachher die DNA, sprich die DNA-Lösung, dazu.
Und dann ist die PCR-Reaktion fertig für die weitere Verarbeitung.
Wie man sieht - alles Handarbeit.
Das sieht dann so aus. Das sind dann - doch man kann es sehen -
20 Mikroliter in so einem Gefäss, das ist sehr, sehr wenig, aber das reicht
aus, um hier eine gute Analyse zu machen. Und jetzt kommt die DNA mit ins Spiel.
Das heisst, hier in diesen
Gefässen, die denselben Massstab haben, ist eine kleine Menge DNA-Lösung, das heisst Wasser und aufgereinigtes Erbgut.
Und das kann ich jetzt hier überführen.
So, mit dem Arbeitsschritt haben wir jetzt 48
einzelne PCR-Reaktionen angesetzt.
Und jetzt muss das noch verschlossen werden, bevor das dann in die Maschine reingehen kann.
Der letzte Schritt, um die PCR zu vervollständigen, findet hier in diesem Thermo-Cycler statt.
Die Frage ist natürlich, warum machen wir das eigentlich, warum machen wir den ganzen Aufwand?
Es ist so, dass die DNA-Lösung, die DNA-Stückchen so klein sind, dass man die nicht sieht.
Und hier, durch die Zusammenmischung von der Chemie und der DNA
und diesem PCR-Cycler, wo geheizt und gekühlt wird,
findet dann die Polymerase-Kettenreaktion statt nach einem bestimmten Programm.
Das Prinzip dahinter ist, dass bestimmte Stücke von der DNA kopiert werden.
Das ist ein biologisches Kopier-System.
Wenn man es richtig macht, hat man nachher aus einem kleinen Teil DNA,
hat man nachher Millionen DNA-Stücken
Die kann man dann sehen, die kann man dann analysieren, deshalb macht man das ganze.
Jede PCR funktioniert nach einem bestimmten Prinzip, nämlich ein zyklisches Prinzip
aus Aufheizen, dann wird die DNA auseinandergestreckt.
Beim Abkühlen verbinden dann die Primer, die spezifisch sind für das PCR-Produkt.
Und dann noch einmal eine Aufheizphase, wo dann das Enzym, die Polymerase,
andockt an das System Primer - DNA, und das ganze verlängert.
Das findet dann zyklisch statt, das heisst, nach diesen drei Schritten:
Aufheizen, abkühlen und nochmal aufheizen, damit die Polymerase arbeiten kann,
geht es wieder von vorne los: Das machen wir 35 Mal.
Und dann hat man am Ende - wenn man es gut gemacht hat -
so viel DNA-Stückchen - PCR-Fragmente - dass man das analysieren kann.
So, das Programm habe ich hier der Maschine schon vorgelegt.
Mir bleibt jetzt nur noch übrig, hier den Deckel zu schliessen,
damit hier nichts entweicht, und auf Start zu drücken.
Und jetzt arbeitet die Maschine ihr Programm ab.
Wir können auch hier ablesen, dass dieses Programm jetzt circa 2 Stunden dauert.
Das ist abhängig von der Produktgrösse und was man haben möchte.
Am Ende bekommen wir dann eine Übersicht von den einzelnen Fragmenten, die wir vervielfältigt haben,
markiert mit verschiedenen Farbstoffen,
und können am Schluss abgleichen: Okay, wenn wir 206 haben, dann wissen wir zum Beispiel in dem Fall, aha
dieses Qualitätsmerkmal ist erfüllt. Wir können also sagen, in dem Fall, tatsächlich
es ist der Resistenzmechanismus für 12 vorhanden
- oder auch nicht - vielleicht haben wir auch
mal nur eine Grösse von 185, dann wissen wir, es ist nicht erfüllt.
Und so können wir am Schluss auswerten, für alle Resistenzmechanismen - das können wir ablesen -
welche sind erfüllt und welche sind nicht erfüllt, welche sind nur auf einem Chromosom erfüllt
- heterozygot, oder auf beiden - homozygot.
Und die Ergebnisse, die wir dann
bestimmt haben über diese Fragmente, die vorhanden sind, die Fragmentlängenanalyse, die werden zusammengefasst
in dieser grossen Tabelle, wo wir dann ablesen können,
okay, wir haben hier die Züchtung 23-04 und wir können für die ablesen:
Resistenzmechanismus Run 1 ist erfüllt, heterozygot.
Ren 3 und Ren 9, die Resistenzmechanismen, sind in dem Fall nicht erfüllt.
Hinten haben wir RPV 3 Mechanismus und 10 erfüllt
und sogar homozygot - also doppelt vorhanden auf beiden Chromosmen im Organismus: Resistenzmechanismus 12.
Könnte interessant sein.
Bei der nächsten Züchtung aus derselben Vater-Mutter-Kombination
sehen wir, hier sind sogar noch diese beiden Resistenzmechanismen erfüllt,
die wäre - könnte ich mir vorstellen - interessant für die weitere Züchtung.
Und dann kann man in der Liste schön ablesen,
welche von den Farben her, also von den Kombinationen her - homozygot, heterozygot oder nicht vorhanden -
welche dann interessant sind für die weitere Fortführung der Arbeiten.
Und der Valentin bekommt dann am Ende einen grossen Ausdruck,
wo dann aufgelistet ist, welcher Resistenzmechanismus ist in welchen Nachkommen vorhanden.
Ganz kurz ausgedrückt:
Bis wir dahin kommen, von dem Blattmaterial bis hin zu der Auswertungstabelle,
liegt ein langer Weg von viel Handarbeit und molekularer Analyse.
Die Basis ist draussen, was im Weinberg läuft, die konventionelle Züchtung -
Vater/Mutter, und die Nachkommen werden dann begutachtet: Haben die diese Eigenschaften?
Und das, was wir molekularbiologisch nachher machen,
das ist ein zusätzliches Werkzeug, um etwas tiefer hinein zu gucken in die Informationen,
um die Strecke der Züchtung, die Zeit, die man braucht, zu verkürzen.
Wenn man dann sagt, okay, das was wir hier jetzt anwenden, ist einfach eine Beschleunigung in der Zeit,
die auch notwendig ist,
damit die neuen Sorten - die resistenten, robusten Sorten - schneller draussen beim Winzer ankommen.
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