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Auch in Österreich steigt das Interesse an PIWIs

Blogbeitrag von Olivier Geissbühler

Am 22. Juni 2023 fand in Krems, Österreich, ein deutschsprachiges PIWI-Symposium statt. Es wurde von der Genossenschaft «Winzer Krems» und «PIWI Österreich» in Zusammenarbeit mit PIWI International organisiert und durchgeführt. Internationale Wissenschaftler, Rebenzüchter und Winzer sprachen über ihre Erfahrungen und die Wichtigkeit von neuen Sorten für die Zukunft des Weinbaus. Hier ein paar Erkenntnisse, die mir an diesem Tag (erneut) bewusst wurden:

Das PIWI-Symposium in Krems stiess auf grosses Interesse in der Branche.

Die österreichischen PIWI-Sorten Donauriesling und Donauveltliner haben Potenzial

Der Klimawandel fordert einen Sortenwandel. Die traditionellen Weissweinsorten Riesling und Grüner Veltliner haben immer mehr Mühe, mit der Trockenheit, Hitze und dem Krankheitsdruck der letzten Jahre mitzuhalten. Die Neuzüchtungen Donauriesling und Donauveltliner haben Genetik aus diesen traditionellen Sorten, aber sind deutlich resistenter gegenüber dem Echten und Falschen Mehltau. Und sie zeigen sich auch etwas resilienter gegen Trockenheit und Hitze. Im heissen Jahr 2018 zeigte sich der Donauriesling zum Beispiel frischer und überzeugte mit präsenter Säure, im Gegensatz zum normalen Riesling.

Klar gäbe es PIWI-Sorten mit einer besseren Resistenz als Donauveltliner und Donauriesling: Diese müssen jedoch zuerst den langen Weg von der Züchtung bis hin zur Vermehrung, Zulassung und Bekanntheit durchlaufen. Donauriesling und Donauveltliner sind da schon einen Schritt weiter und verschiedene Blindverkostungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass sie auch geschmacklich mit den traditionellen Sorten mithalten können. Zudem können sich die Konsumentinnen und Konsumenten unter dem Namen etwas vorstellen, was die Vermarktung in den meisten Fällen einfacher macht als komplett fremde Sortennamen.

Es müssen mehr PIWI-Sorten in Österreich als «Qualitätsweine» zugelassen werden

Auch Österreich hat immer noch ein Problem mit der Zulassung von neuen Sorten. Die verwirrende Klassifizierung der Sorten macht die Situation unübersichtlich und für Weininteressierte schwer verständlich. Ganz kurz zusammengefasst: Als «Qualitätswein» zugelassen sind derzeit erst fünf PIWI-Sorten: Roesler, Rathay, Souvignier gris, Muscaris und Blütenmuskateller. Weitere acht PIWI-Sorten gelten lediglich als «Rebsortenwein»: Bronner, Cabernet Blanc, Donauriesling, Donauveltliner, Johanniter, Pinot Nova, Cabernet Jura und Regent. Das bedeutet, sie dürfen zwar mit Angabe des Sortennamens und des Jahrganges vermarktet werden, aber ohne nähere geografische Herkunft.

Dazu kommt, dass in jeder Weinbauregion noch einmal unterschiedliche PIWI-Sorten lediglich «zum Anbau» zugelassen sind. Sie gehören damit aber zur untersten «Qualitätskategorie» und dürfen nur als «Wein aus Österreich» bezeichnet werden, ohne Sortennamen etc. Und dies, obwohl sie oft deutlich ökologischer und qualitativ sorgfältiger produziert wurden, als mancher «Qualitätswein». Dies macht das Pflanzen dieser Sorten für viele Winzer unattraktiv. Obwohl PIWIs im Weinberg viel erleichtern würden, wird so die Vermarktung dieser Weine künstlich erschwert.

Als Qualitätswein dürfen in Österreich nur diese fünf PIWI-Sorten bezeichnet werden.
Quelle: Präsentation Wolfgang Renner

Sobald PIWIs erklärt werden, werden sie auch verkauft

Auch am PIWI-Symposium in Krems wurde noch einmal deutlich: Winzer und Weinfachleute haben mehr Mühe mit neuen Rebsorten als der Grossteil der Konsumentinnen und Konsumenten. Zwar hält die sogenannte Neophobie (Angst vor Neuem/Unbekanntem) viele Kundinnen und Kunden vor dem Kauf einer unbekannten Rebsorte ab. Denn sie schätzen das Risiko eines Fehlkaufs zu hoch ein. Viele kaufen daher eine bekannte Rebsorte oder einen Wein aus einer bekannten Region.

PIWI-Symposium in Krems: Vermarktung von neuen robusten Rebsorten
Am Symposium wurde unter anderem diskutiert, wie neue Sorten am besten vermarktet werden.

Sobald sie jedoch Informationen zu den Vorteilen von PIWI-Weinen erhalten und direkt beraten werden, sieht es anders aus: Sowohl die Kauf- wie auch die Zahlbereitschaft steigt, vor allem bei nachhaltigkeits-affinen Menschen. Das heisst, sobald man die PIWI-Weine erklären kann, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie jemand kauft, sehr hoch. Und die Mehrheit ist auch bereit, einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen.

Beim Weinkauf ohne Beratung werden oft traditionelle, bekannte Rebsorten gekauft.
Quelle: Präsentation Gergely Szolnoki

PIWIs sind «einfacher» im Weinberg, aber nicht einfacher im Keller

Deutlich wurde am Symposium noch einmal, wie viel Arbeitsstunden und CO2 sich mit dem Anbau von neuen Sorten einsparen lässt. Somit können die Winzer mit erheblich geringeren Kosten gesünderes und «hochwertigeres» Traubenmaterial ernten. Das ist für einen qualitativen Wein die optimale Voraussetzung.

Der «Haken» dieser neuen Sorten liegt jedoch oft im Keller. Denn PIWIs sind im Keller eher schwieriger zu handhaben als die europäischen Sorten. Oft fehlt die Erfahrung mit diesen neuen Sorten und sie sollen – um besonders naturnah zu sein – möglichst ohne Eingriffe vinifiziert werden, was das Ganze noch einmal erschwert. Deshalb gilt: PIWI-Sorten haben zweifellos das Potenzial für erstklassige Weine, es braucht dafür jedoch die nötige Erfahrung im Keller.

Sämtliche Präsentationen der Referenten findest du unter diesem Link.

Hast du schon Erfahrungen mit den österreichischen PIWI-Sorten? Schreibe sie in die Kommentare!

Transkript
Zunächst einmal: Neue Sorten sind immer interessant. Wir kennen sie weitgehendst, ja, aber sie haben immer noch Geheimnisse und neue Erfahrungen. Geschichtlich gesehen: Deutschland hat im 20. Jahrhundert in den Zwanzigerjahren angefangen, also die Geschichte von PIWI- Forschung in Deutschland ist mittlerweile mehr als 100 Jahre alt. In den anderen Ländern, unter anderem auch Frankreich, Italien, und so weiter, war irgendwann mal in den 50-60er Jahren Schluss. Und jetzt haben die wieder angefangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Deswegen würde ich mal sagen, geschichtlich gesehen oder historisch gesehen ist der Vorsprung etwas größer in Deutschland, was Sortenvielfalt usw. betrifft. Allerdings merken wir auch, dass Länder wie zum Beispiel Frankreich ziemlich innovativ sind. Jetzt haben sie eine Rebsorte in der Champagne zugelassen, eine PIWI-Rebsorte. Was ziemlich neu ist. Die Oberprämisse ist nicht die Resistenz, sondern die Weinqualität. Die Weinqualität muss für sich sprechen und der Konsument muss überzeugt sein, dass dieser Wein wirklich ein Genuss ist und der den gern auch nachfragt. Um Züchtung seriös zu betreiben, ist es ein kontinuierlicher Prozess. Das heißt, wir haben in etwa 30 Kandidaten die als Sorte, wo ich mir viele davon schon vorstellen könnte, dass ich sie in der Praxis herausgebe, wo ich aber zuwarte. Wir wollen nicht hyperinflationär sein, nicht zu viele neue Sorten. Wir haben Donauriesling und Donauveltliner herausgebracht. Da ging es vor allem darum, dass es wichtige Sorten für den österreichischen Weinbau sind und das ist die auch in einer Form gibt, wo man mit weniger Pflanzenschutz ähnliche Weine produzieren kann. Sie sind nicht absolut vergleichbar, aber sie haben gewisse Ähnlichkeiten. Der Riesling – der Donauriesling – hat auch diese Steinobst-Düfte in der Nase und auch der Veltliner hat, wenn er nicht zu reif wird, auch ansatzweise diesen grünen Apfel und diese Pfeffer-Noten, die man erwartet. Wir haben gesehen, dass auch in Österreich regional die Sorten unterschiedlich in der Zulassung behandelt werden. Es gibt österreichische Rebsorten von österreichischen Züchtern. – Donauriesling, Donauveltliner, Pinot Nova – Dann gibt es in Österreich im Anbau deutsche Züchtungen, wie zum Beispiel einen Souvignier gris, einen Muscaris oder einen Johanniter. Und dann gibt es auch von den sogenannten Blattner-Kreuzungen, Vertreter wie einen Cabernet Jura und ein Cabernet Blanc. Und das ist jetzt, was den Winzern und Winzern zur Verfügung steht. Und mit denen sie eigentlich schon sehr gut arbeiten können. Man kann hier durchwegs 50% Pflanzenschutz einsparen. Das ist jetzt sehr vorsichtig geschätzt. Manche sagen bis 70-80%, aber 50% ist in jedem Fall möglich mit unseren Sorten. Und andererseits, wenn ich dann weniger Pflanzenschutz brauche, weniger Durchfahrten und damit natürlich spare ich auch CO2, ist keine Frage. Also es macht sicher Spaß, mit diesen neuen Rebsorten nicht nur im Weingarten zu experimentieren und das Ganze dann noch natürlicher, noch – sagen wir es einmal so – weinbergsgerechter zu gestalten, sondern eben auch am Produkt, in der Verpackung, in der Präsentation, beim Genießen andere Maßstäbe setzen zu können. Es ist vielleicht am einfachsten, in den neuen Weinbau-Regionen, sprich Weinbau-Region Bergland im Westen Österreichs, Kärnten, Oberösterreich, Tirol. Diese Kunden mit PIWIs zu überzeugen. In den traditionellen Weinbau Regionen im Osten Österreichs ist es etwas schwieriger. Da würde ich aber sagen, da ist im Süden, vor allem in der Steiermark, der Anteil etwas größer und da ist es eine Spur leichter, weil auch die Betriebsstrukturen etwas kleiner sind. Und diese Überzeugungsarbeit geht wiederum Informationen geben, Darstellung und einfach: «Education, Education, Education». Die Österreicher haben eigentlich den Schritt gemacht, was ich auch theoretisch empfehlen würde. Einen bekannten Rebsorten-Namen zu verwenden wie Donauriesling oder Donauveltliner. Das ist aber gleichzeitig auch ein bisschen tricky und ein kleines Problem, nämlich die Leute haben Erwartungen Und wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, dann ist das ein bisschen problematisch. Auch die, obwohl sie bekannte Namen verwendet haben, brauchen Überzeugungsarbeit. Der Mut ist bei vielen noch nicht da, in dieses kalte Wasser zu springen. Aber zumindest das Interesse ist da und es informieren sich sehr viele Weingüter über dieses Thema. Beim Einkaufen haben wir festgestellt, dass die Konsumenten, wenn sie irgendwas Unbekanntes sehen, dann ein bisschen Angst haben, Diese Angst nicht bewusst, es ist unbewusst, umso stärker ist es. Und wenn Sie zum Beispiel vor dem Regal stehen, dann greifen Sie sehr gerne nach bekannten Produkten. Also um einfach Risiko zu minimieren. Und das macht natürlich bei unbekannten Rebsorten oder im Fall von bekannten Rebsorten Das ist jetzt nicht unbedingt der Wunsch von den Produzenten, nämlich die werden nicht wahrgenommen oder nicht so wahrgenommen wie der Produzent das gerne hätte. Und das ist genau das Problem. Das ist die Angst in der Vermarktung, weil die neuen Namen unbekannt sind. Und vor allem, wenn man in größeren Strukturen vermarktet, ist es schwierig, weil man braucht absolut diesen Kundenkontakt, um die Geschichte dazu zu erklären. Also das ist schon die halbe Miete, wenn ein Verkäufer die Möglichkeit hat, sich persönlich mit den Konsumenten auszutauschen. Weil es gibt ja die beratungslosen Einkaufsstätten, wo ziemlich viel verkauft wird, also Discounter oder andere LEHs. Und dann hat man nicht die Möglichkeit. Also wenn man mit den Konsumenten reden kann, dann kann man das viel einfacher vermarkten, verkaufen. Alleine Design reicht nicht, reicht nicht aus. Vielleicht in einigen Fällen ja, aber das wird die Leute nicht dazu motivieren, ihr Wein längerfristig permanent regulär zu kaufen. Generell muss man damit rechnen, dass es immer eine Zeit braucht, bis einmal die Sorte bekannt wird. Aber wenn das einmal erfolgt ist und wenn auch der Konsument davon probiert hat und es eigentlich ganz gut findet, dann kriegt es natürlich eine Eigendynamik. Das heißt, es wächst und wächst und wächst. Es braucht Informationen, der richtige Preis, richtiger Geschmack und natürlich auch die Empfehlung und persönliche Überzeugung.

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